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Barack Obama

Foto: AP Photo/LM Otero
Washington/Wien - Der demokratische Hoffnungsträger Barack Obama (46) droht im US-Präsidentschaftswahlkampf zwischen allen Stühlen zu landen. Mit dem Kampf gegen das Establishment in Washington hat er einen populären Schlachtruf im Wahlkampf ausgegeben, viele Beobachter sind jedoch irritiert über seinen Umgang mit den beiden großen "R" der US-Politik: Rasse und Religion. Er leugne seine moslemische Herkunft und trete nicht für die Rechte der Schwarzen ein, werfen ihm Kritiker eine Anbiederung an die einflussreiche christlich-fundamentalistische Rechte im Land an.

Geschickt hat Obama seine größte Schwäche im Rennen um das höchste Amt der Vereinigten Staaten - die fehlende politische Erfahrung - in einen Trumpf verwandelt. Da er erst seit zwei Jahren im Senat sitzt, musste er sich in vielen politischen Fragen noch nicht festlegen - und damit potenzielle Wählerschichten vergraulen. Als "Frischling" kann er auch die Ressentiments vieler Amerikaner gegen die im eigenen Saft schmorende politische Klasse in der Bundeshauptstadt ausnützen. "Aufräumen in Washington" ist daher Obamas wichtigstes Wahlkampfmotto.

Ansonsten ist Obama bestrebt, nur nirgends anzuecken. Er wolle das Bildungssystem "verbessern", ein "funktionierendes" Gesundheitswesen aufbauen, "die Heimat schützen" und das Ansehen der USA in der Welt stärken, heißt es auf seiner Wahlkampf-Homepage. Kontrovers wird Obama nur mit seiner Forderung nach einem Abzug der US-Soldaten aus dem Irak. Andere heiße Eisen wie die Abtreibungsfrage kommen auf seiner Wahlkampf-Homepage nicht vor. Selbst die Rassenfrage spricht der dunkelhäutige Kandidat nur indirekt an, indem er eine bessere Durchsetzung des vielen Schwarzen immer noch verwehrten Wahlrechts verspricht.

Nicht schwarz genug

Afroamerikanische Bürgerrechtler halten Obama vor, "so wenig schwarz wie möglich" sein zu wollen. "Wer Angst hat, sich zu bekennen, soll wenigstens sagen, dass er Angst hat", sagte der frühere Präsidentschaftskandidat Al Sharpton kürzlich an die Adresse seines demokratischen Parteifreundes. Sharpton war mit 400 Bürgerrechtlern nach New Orleans gereist, um sich ein Bild vom Wiederaufbau nach dem verheerenden Hurrikan Katrina zu machen. Für viele Afroamerikaner ist New Orleans das Symbol für die immer noch vorhandene Diskriminierung der Schwarzen in den USA. Eine "weiße" Stadt hätte man niemals so hilflos den Fluten überlassen wie das "schwarze" New Orleans, sind sie überzeugt.

Obama kam nicht nach New Orleans. Er habe sich gedrückt, um weiße Wähler nicht vor den Kopf zu stoßen, kritisierten die Bürgerrechtler. Tatsächlich ist der Sohn eines Kenianers und einer weißen Amerikanerin bisher nicht durch energisches Eintreten für die Rechte der Afroamerikaner aufgefallen. In seiner viel gerühmten Rede am demokratischen Parteitag im Juli 2004 hatte Obama gesagt, es gebe nicht ein schwarzes und ein weißes Amerika, "sondern nur die Vereinigten Staaten von Amerika". Für viele immer noch am Rande der Gesellschaft lebende Schwarze klang das wie Hohn. Entsprechend will einer aktuellen ABC-Umfrage nur jeder fünfte schwarze Demokrat Obama bei der innerparteilichen Vorwahl um die US-Präsidentschaftskandidatur unterstützen. Seine Kontrahentin Hillary Clinton kommt unter den Schwarzen auf 60 Prozent.

Dilemma Religion

Auch in Religionsfragen befindet sich der demokratische Hoffnungsträger in einem Dilemma. In Zeiten des Anti-Terror-Kampfes scheint es undenkbar, dass ein Moslem US-Präsident werden könnte. Daher verschweigt Obama auf seiner Wahlkampf-Homepage die moslemische Herkunft seines Vaters ebenso wie seinen zweiten Vornamen "Hussein". Seinen ersten Vornamen leitet er gar vom jüdischen "Baruch" (der Gesegnete) ab.

Um jeglichen Zweifel an seiner christlichen Gesinnung zu zerstreuen, trägt Obama besonders dick auf. "Unter diesem Kreuz in Chicago kniend, spürte ich den Geist Gottes, unterwarf mich seinem Willen und widmete mich der Suche nach seiner Wahrheit", berichtete er voriges Jahr in einer viel beachteten Rede von seiner Umkehr nach einer weltlichen Jugend. Für die christliche Rechte wird er trotz dieser klaren Worte ein rotes Tuch bleiben, weil er für Abtreibung und Stammzellenforschung eintritt. Doch bei vielen liberalen Stammwählern der Demokraten dürfte er es sich mit seinem an US-Präsident George W. Bush erinnernden Glaubensbekenntnis bereits verscherzt haben, noch ehe der Wahlkampf richtig begonnen hat.

(APA)