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Februar 2007: Ullrich gibt seinen Rücktritt bekannt. Hinter ihm Bilder seiner größten Siege.

Foto: AP/ Fantitsch

Hamburg - Es war genau 11.24 Uhr, als Jan Ullrich am Montag im Hamburger Intercontinental-Hotel sagte: "Ich bleibe dem Radsport erhalten." Nachsatz, hihi, er bleibe nicht als aktiver Sportler, sondern als "Berater, Werbeträger und Repräsentant" für das international zweitklassige Volksbank-Team mit Sitz in Götzis. Eine bittere Abrechnung mit seinen Kritikern hatte der einzige deutsche Tour-de-France-Sieger (1997) vorangestellt.

43 Minuten lang dauerte der Monolog, mit dem der 33-Jährige seine zwölfjährige Profilaufbahn beendete. "Ich könnte sofort eine Fahrer-Lizenz bekommen, habe sieben Angebote von Teams, darunter auch ProTour-Mannschaften, und habe mich in den letzten Monaten absolut fit gehalten. Aber ich habe mich nach langer Überlegung entschlossen, meine aktive Karriere zu beenden", erklärte Ullrich vor laufenden Kameras (Live-Übertragung N24) und hundert Medienvertretern, ohne anschließend Fragen zuzulassen.

Im modischen Anzug, schlanker als so manches Jahr zuvor zur gleichen Zeit und demonstrativ gelassen trat der frühere T-Mobile-Star auf. Während hinter ihm sechs Bilder seiner größten Erfolge die Wand schmückten, verwies der gebürtige Rostocker auf seine Verdienste für den Radsport und prangerte "schwarze Schafe" in Medien ("Einige von euch sind hier nur geduldet"), Verbänden und Ex-Kollegenschaft an. Ullrich schilderte seine Gefühlslage am 30. Juni 2006, als er von seinem T-Mobile Team aus dem Tourkader gestrichen wurde. "Meine Sportler-Welt brach zusammen. Ein Riesenschock, den ich nach wie vor nicht ganz verkraftet habe."

Zur angeblichen Verbindung zum spanischen Doping-Arzt Eufemiano Fuentes vermied Ullrich jedes Statement, seine "Intim-Feinde" - voran BDR-Präsident Rudolf Scharping, der Heidelberger Doping-Experte Werner Franke und die Bielefelder Rechtswissenschafterin Britta Bannenberg - bezichtigte er der Lüge. "Sie haben sich auf meine Kosten profiliert und Lügengeschichten über mich verbreitet." Er verwies auf die kürzlich abgegebene Speichelprobe für einen möglichen DNA-Abgleich mit den ihm zugeschriebenen Blutkonserven aus dem Fuentes-Labor. Allerdings gehe es bei den spanischen Behörden "drunter und drüber. Der Bericht, auf den sich alle beziehen, ist illegal weitergegeben worden und mehrmals gefälscht."

Keine Zukunftsängste

Bei Volksbank in Vorarlberg nimmt sich Ullrich vielleicht auch des Nachwuchses an, es gehe "nicht vorrangig um Geld". Neben dieser Aufgabe wolle er sich bei einem Hersteller für Sportfunktionswäsche, einer Firma für Reifendichtungsmittel und der Weiterentwicklung seiner eigenen Rennrad-Kollektion einbringen: "Ich bin aus schwierigen Situationen immer erstarkt herausgegangen, und so wird es auch diesmal sein. Meine Fans müssen sich um mich keine Sorgen machen." (DER STANDARD, Printausgabe, Dienstag, 27. Februar 2007, sid, fri)