Linz - "Wir sind einfach nur müde. Nach so vielen Abfuhren machen wir jetzt gar nichts mehr außer mit diesem Schicksalsschlag zu leben" - Christine Foco scheint nach rund 20 Jahren der Bemühungen um die Rehabilitierung ihres Sohnes Tibor zu resignieren. Der heute 51-Jährige ist Österreichs wohl prominentester Justizflüchtling, morgen, Mittwoch, jährt sich die Aufhebung des Foco-Urteils zum zehnten Mal.

Der Justizkrimi beginnt mit einem Callgirl-Mord. Am 13. März 1986 wird die 24-Jährige Prostituierte Elfi Hochgatter erschossen und missbraucht nahe der Westbahngleise in Linz aufgefunden. Nur drei Tage später wird der Ex-Motorradrennfahrer Tibor Foco als Tatverdächtiger verhaftet. Foco ist zu diesem Zeitpunkt Betreiber des illegalen Bordells "Bunny Club". Im Prozess 1987 belastet die Kronzeugin Regina Ungar Foco und einen vermeintlichen Komplizen schwer. Beide hätten sie unter Bedrohung ihres eigenen Lebens gezwungen, Elfi Hochgatter zu erschießen. Foco und der angebliche Komplize wurden zu lebenslanger beziehungsweise 18 Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist gefällt, Fragen und Widersprüche bleiben aber. Im Dezember 1991 zweifeln die damaligen Geschworenen öffentlich am Urteil, ein Jahr später wird der unschuldige "Komplize" in einem neuen Prozess freigesprochen, im Jänner 1992 widerruft Kronzeugin Ungar ihre Aussage gegen Foco.

Am 28. Februar 1997 wurde schließlich vom Oberlandesgericht Linz das Urteil gegen den Ex-Rennfahrer aufgehoben. Was dieser wohl nur entfernt wahrgenommen haben dürfte. Seit seiner Flucht im April 1995 während eines Haftfreigangs an der Uni Linz fehlt von ihm jede Spur. "Das Beste", was passiert sei, "war ganz sicher die Flucht von unserem Sohn", ist Theodor Foco noch heute überzeugt. Das Ehepaar war maßgeblich daran beteiligt und kassierte 1998 dafür Geldstrafen.

Unsicheres Geleit

Theodor Foco: "Die Verurteilung ist keine Schande, eine Schande wäre es, wenn ich meinem Sohn nicht geholfen hätte." Zumindest ansatzweise kam Bewegung in den Fall Foco, gegen den Flüchtigen besteht seit 2000 eine neue Anklage, zuletzt im Februar 2005. Die damalige Justizministerin Karin Gastinger sicherte Foco "Freies Geleit" zu. Für den Flüchtigen aber kein Anlass zur Heimkehr. "Das sichere Geleit war für Foco zu unsicher", ist dessen Verteidiger Herbert Wegscheider, Strafrechtsprofessor an der Linzer Uni, im Standard- Gespräch überzeugt. Einzig bei einer Aufhebung der Mord-Anklage würde Tibor Foco nach Österreich zurückkommen. Anordnen könnte dies die neue SPÖ-Justizministerin Maria Berger in ihrer Funktion als oberste Staatsanwältin im Lande. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren plant das Ehepaar Foco bei Ministerin Berger aber keine Interventions-Versuche. "Wir machen gar nichts", so Christine Foco.

Auch Verteidiger Wegscheider gibt sich zurückhaltend: "Ich werde mir die Arbeit von Ministerin Berger genau anschauen und entscheide erst dann, ob ich aktiv werde." Es gebe aber "auf jeden Fall" genügend Gründe die Anklage gegen Tibor Foco einzustellen. (Markus Rohrhofer/DER STANDARD-Printausgabe, 27.02.2007)