Vizekanzler, Finanzminister und ab April VP-Chef: Wilhelm Molterer

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Wien - Ganz steht das angestrebte Doppelbudget für 2007 und 2008 mit dem Abschluss der Gespräche mit den Ressortministern zwar noch nicht - es fehlt die Einigung der Koalitionspartner über die so wichtige Reform der Pflege.

Ziel erreicht

Dennoch darf der Finanzminister mit sich selbst ein bisschen zufrieden sein. Er wollte das Thema "Budget" sorgsam, methodisch, Schritt für Schritt angehen und dabei auch noch 620 Millionen Euro einsparen. Er scheint diesem Ziel weit gehend treu geblieben zu sein.

Dass es bei den Differenzen zwischen dem Finanzminister und den (roten) Fachministern nicht nur um Inhaltliches, sondern durchaus auch um Atmosphärisches ging, hat viel mit Molterers persönlichem Stil zu tun. Dass Sozialminister Erwin Buchinger und Unterrichtsministerin Claudia Schmied (wenn auch nur vage) von ihren Detaileinigungen mit Molterer berichteten, störte diesen empfindlich. Molterer pflegt lieber das Taktieren im Verborgenen denn das Parlieren in der Öffentlichkeit. Dass diese Nachlässigkeit im intelligenten Eigenmarketing frappant an die Medienscheu Wolfgang Schüssels erinnert, ist kein Zufall.

Profunde Fachkenntnisse Molterers

Fachminister beider Couleurs erzählten dem Standard, der Finanzminister habe bei den Verhandlungen durch profunde Fachkenntnisse geglänzt. Seine jahrzehntelange Polit-Routine verbinde sich mit dem Wissen, das er als Schüssels wichtigster Verhandler in fast allen Belangen erworben habe. Molterers Stil sei trocken, ruhig und ernsthaft, heißt es, er neige weder zu Scherzchen wie Vorgänger Karl-Heinz Grasser, noch zu verspielten Winkelzügen wie Ex-Kanzler Schüssel.

Budgetverhandler berichteten auch von Molterers Liebe zum Detail - eine Eigenschaft, die profil als "typisches Merkmal des zweiten Mannes" interpretierte. Tatsächlich hat der 52-jährige ÖVP-Spitzenmann aus Sierning in Oberösterreich jahrelang im Schatten anderer gearbeitet: sei es in den 80er-Jahren, als Sekretär des damaligen Landwirtschaftsministers Josef Riegler, als Bürochef von dessen Nachfolger Franz Fischler - oder zuletzt, als "treuer Heinrich" von Wolfgang Schüssel.

"Wohl der Partei"

Schüssel hatte ihn psychologisch dort gepackt, wo Molterer am empfindlichsten ist: bei seiner absoluten Loyalität. Das "Wohl der Partei" schien unlösbar mit dem Wohl des Kanzlers verquickt - und mit dessen Machterhalt. Diesen zu verteidigen und möglichen Widerspruch in den eigenen Reihen im Keim zu ersticken war fortan auch für Molterer oberstes Ziel - und Parteifreunde berichten, er sei dabei auch durchaus rücksichtslos vorgegangen.

Es bleibt abzuwarten, ob der neue ÖVP-Spitzenmann Molterer auch bei der Verteidigung der eigenen Macht auf Rücksichten verzichten wird. Bis dato jedenfalls klagt die SPÖ, das Vertrauensverhältnis der Koalitionäre leide darunter, dass in jedem Konflikt die Handschrift Schüssels zu lesen sei. Der wiederum kann sein Misstrauen gegenüber bestimmten SPÖ-Veteranen, etwa Klubchef Josef Cap oder Bundesgeschäftsführer Josef Kalina, kaum verbergen.

Durchsetzungsvermögen

Doch Molterer nur als Werkzeug von "Mastermind" Schüssel zu sehen ist zu billig. Denn der Oberösterreicher kommt aus einem bäuerlichen Betrieb, wurde einst sogar adoptiert, um die Hofnachfolge zu sichern. Er hat gelernt, dass sich der Jungbauer letztlich nur durchsetzt, wenn er den Altbauern ins Ausgedinge schickt.(Petra Stuiber/DER STANDARD, Printausgabe, 26.02.2007)