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Jürg Federspiel

Foto: AP /KEYSTONE/AYSE YAVAS
Basel - "Der Mond schwimmt gelassen in den Wolken / nur im Innern der Erde wütet das Nichts": So hatte Jürg Federspiel in seinem letzten, im Jahr 2000 erschienen Gedichtband das Spannungsfeld benannt, in dem der Mensch durch seine Existenz irrt. Unter dem wollüstigen Fleisch der Lust lauschte er dem lautlosen Klappern der Knochen. Frauen verwandelten sich in seinen bekanntesten Werken von Objekten männlichen Begehrens zu todbringenden Engeln des Verderbens. So die Köchin Mary Mallon in der Ballade von der Typhoid Mary (1982). Auf dem Einwandererschiff in die USA mit Typhus infiziert, ohne selbst zu erkranken, trägt sie die Seuche in die höheren Kreise New Yorks, die sich ihrer Dienste bedienen. Oder Laura, der ihr Geliebter, ein reicher römischer Kunstsammler, in Geographie der Lust (1989) die Weltkarte auf ihren vollendeten Po tätowieren lässt ... Aufgewachsen in den Graubündner Bergen, war Federspiel früh an spannungsreichere Schauplätze des irdischen Lebens gezogen. Jahre lebte er in New York, das er in den Reportagen Museum des Hasses. Tage in Manhattan (1969) festhielt, in Paris, in Berlin. Zuletzt hatte er sich, durch Krankheiten - Polyneuropathie, Diabetes, Parkinson - am Schreiben gehindert, nach Basel zurückgezogen. Seit Jänner galt er als vermisst. Nun wurde seine Leiche in Wheil am Rhein im Wasser aufgefunden. (Cornelia Niedermeier /DER STANDARD, Printausgabe, 27.02.2007)