Die Regierung kann noch so viele Studien in Auftrag geben - mit dem Argument des drohenden Ärztemangels wird sie die EU nie überzeugen können, dass unsere Medizin-Unis Ausländerquoten benötigen. Wenn Österreich gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen bietet, dann werden deutsche Medizinabsolventen nach dem Studium hier bleiben. Und selbst wenn zu viele das Heimweh packt, warten tausende hervorragende Ärzte in Ungarn, Tschechien und anderen neuen EU-Staaten darauf, sich in Österreich niederzulassen. Ein Doktor mit ausländischem Akzent hat noch keinem Patienten geschadet.

Doch es gibt ein viel stärkeres Argument für die Beschränkung des Uni-Zugangs - eines, das Wissenschaftsminister Johannes Hahn erstmals endlich angesprochen hat. Wie in ganz Europa wollen auch in Österreich jedes Jahr tausende Maturanten Medizin studieren. Niemand hat ein automatisches Anrecht auf einen Studienplatz, aber alle sollten zumindest eine realistische Chance erhalten, ihren Berufswunsch zu verwirklichen.

Der massive Andrang an die Human- und Veterinärmedizin lässt sich rational kaum erklären. Aber der Arztberuf bietet offenbar eine ideale Mischung aus Karrierechance, gesellschaftlichem Ansehen und Idealismus. Es sind auch viele junge Frauen, die durch die Medizin wissenschaftliche Arbeit mit einer Hinwendung zum Menschen verbinden wollen.

Kein Land der Welt kann alle jungen Anwärter zu Ärzten ausbilden. Aber Deutschland verfolgt mit seinem Numerus clausus ein besonders hartes und untaugliches Auswahlverfahren, das viele medizinische Talente vergeudet. Bei einem ungebremsten Zustrom deutscher Numerus-clausus-Flüchtlinge hätten ihre österreichischen Kollegen kaum noch Aussicht auf ein Medizinstudium. Selbst in einem offenen Europa muss ein Staat die Möglichkeit haben, mit seinen Geldern der eigenen Jugend den Traum vom Arztberuf zu erfüllen. (Eric Frey, DER STANDARD, Printausgabe, 22.2.2007)