Symbolbild

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Wenn man Angela (Name von der Redaktion geändert) fragt, seit wann sie verheiratet ist, muss sie erst einmal nachdenken: "Sind das jetzt drei oder vier Jahre? Ich kann mich gar nicht so genau erinnern." Das "Verheiratet sein" spielt in ihrem Alltag keine Rolle, und doch war es dieses "Ja-Wort", mit dem sich für die 35-Jährige ein sicheres und angstfreies Leben in Österreich verwirklichte. Angela ist eine "Scheinehe" eingegangen.

Geänderte Pläne

Die damaligen Gründe, nach Österreich zu kommen, liegen für Angela weit zurück: Sie wollte Deutsch lernen und etwas über die Geschichte der eigenen Familie erfahren - mit diesen Vorsätzen trat die junge Frau aus einem reichen außereuropäischen Industrieland vor rund acht Jahren ihren verlängerten Urlaub in Österreich an. Dass sie sich schnell entschloss, länger zu bleiben, hat vor allem mit dem Umfeld zu tun, das Angela hier vorfand: "Ich war gleich in einer Szene eingebunden, in der ich mich wohlfühlte." Später kam auch der Aspekt der sozialen Absicherung in Österreich hinzu: "In meinem Heimatland lebte ich seit meinem achten Lebensjahr ohne Sozialversicherung."

Zwei Jahre lang versuchte Angela ein Arbeitsvisum zu bekommen. Doch mit den Behörden verlief die Kommunikation alles andere als erfolgreich: "Es wirkte so, als ob sie selbst nicht wüssten, was sie von mir brauchen. Ich bekam nur widersprüchliche Informationen." Damals gab es für ihre Berufsgruppe auch noch nicht die Möglichkeit, ein sogenanntes "Schlüsselkraft"-Visum zu beantragen. In den vier Jahren, in denen Angela de facto ohne Aufenthaltsgenehmigung in Österreich lebte, wurde sie zweimal auf die Wache geladen, allerdings ohne dass ihr Pass kontrolliert wurde. Mit der Zeit verstärkte die Polizei den Druck und die Kontrollen zu Hause häuften sich: "Um fünf Uhr morgens stand die Fremdenpolizei vor meiner Tür, das war schrecklich."

Ehe als Lösung

Ein möglicher Ausweg war die Hochzeit mit einem Österreicher. Über Bekannte lernte sie ihren zukünftigen Ehemann kennen, der für sich selbst eine Liebesheirat ausschloss aber helfen wollte. Mit einem riesigen Hochzeitsfest, bei dem auch ganz klassische Hochzeitsfotos geschossen wurden, feierte man die Eheschließung: "Ich war so erleichtert, endlich legal in Österreich leben zu können, endlich die Angst los zu sein." Und tatsächlich sollte der Tag ihrer Hochzeit auch den Kontakt mit der Fremdenpolizei beschließen: "Seither habe ich nie mehr etwas mit ihnen zu tun gehabt." Wenn sie heute von den Schikanen hört, denen binationale Paare ausgesetzt sind, bekommt auch Angela Angst. Andererseits weiß sie auch um den rassistischen Aspekt dieser Kampagne: "Ich bin weiß und komme nicht aus einem ärmeren Land als Österreich. Das ist sicher der Hauptgrund dafür, warum das bei uns so einfach funktioniert hat."

Kein Interesse an Liebesheirat

Dass sie als lesbische Frau in Österreich nicht heiraten darf, findet Angela zwar ungerecht, doch eine "Liebesheirat" käme für sie sowieso nie in Frage: "Ich verbinde mit Heiraten eigentlich nur Steuervorteile und das Bestreben des Staates, verschiedene Lebensbereiche zu kontrollieren." Obwohl sie also nicht an die Ehe glaubt, stellte sie sich vor dem großen Tag doch die "großen Fragen" - fast wie eine richtige Braut: "Ich war total nervös und konnte kein Auge zu tun. Ständig fragte ich mich: Was tust du da eigentlich? Da war auch dieses schlechte Gewissen auf einmal, so etwas 'Heiliges' wie die Ehe zu missbrauchen." Bis heute weiß ihre Mutter nicht, dass sie in Österreich verheiratet ist.

Schlussendlich kam bei Angela aber wieder die kämpferische Seite zum Vorschein und die Überzeugung, dass jeder Mensch die Möglichkeit haben soll, seinen Wohnort frei zu wählen: "Ich habe mich für die Ehe entschieden, weil mir niemand verbieten kann, hier zu bleiben. Es lohnt sich dafür zu kämpfen und deshalb habe ich meinen Entschluss auch nie bereut." (Ina Freudenschuss, derStandard.at)