Staatsanwalt Georg Krakow gesteht den Bawag-Beschuldigten zu, dass es für sie "in diesem Verfahren sehr schwierig ist".

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Warum die Prozedur so lange gedauert hat und Elsner vor fairen Richtern stehen wird, erklärte er Renate Graber.

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STANDARD: Ex-Ministerin Karin Gastinger hat bestätigt, dass BZÖ-Chef Peter Westenthaler in der Causa Bawag für Investmentbanker Wolfgang Flöttl interveniert hat. Stimmt das?

Krakow: Die Frage verstehe ich, aber zu diesem Thema sage ich nichts.

STANDARD: Der grüne Abgeordnete Werner Kogler vom Banken-U-Ausschuss hat eine Anzeige wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch angekündigt. Wird Ihnen der Inhalt neu sein?

Krakow: Wenn diese Anzeige bei der Staatsanwaltschaft einlangt, werde ich sie nicht bearbeiten, weil sie nicht in mein Wirtschaftsressort fällt.

STANDARD: Haben Sie in der Causa Bawag je eine Weisung vom Ministerium bekommen?

Krakow: Nein.

STANDARD: Sie haben fünf Monate gebraucht, um Ex-Bawag-Chef Elsner heimzuholen. Laut Ihnen wäre es „ohne die politische Schiene nicht so rasch gegangen“. Ich halte das für rechtsstaatlich bedenklich, die Justiz ist unabhängig. Rechtfertigt der Zweck doch die Mittel?

Krakow: Es gibt da verschiedene Facetten. Es ist ein Riesenunterschied, ob ein Minister oder ein Politiker versucht, eine bestimmte Entscheidung im Verfahren herbeizuführen, weil er möchte, dass die so fällt. So etwas ist schlecht. Es ist aber etwas ganz anderes, wenn ein Politiker hilft, eine Entscheidung umzusetzen, die ein unabhängiger Richter schon vorher gefällt hat, wie beim Haftbefehl gegen Elsner. Im ersten Fall wäre die Justiz der verlängerte Arm des Politikers, in unserem Fall ist die Ministerin der verlängerte Arm des Richters.

STANDARD: Und den Arm reicht sie in allen Causen?

Krakow: Es kommt ja noch dazu, dass das eine Auslandscausa war. Wenn da eine Justizministerin ihren Ressortkollegen kontaktiert, um einen Haftbefehl rascher umzusetzen, dann ist das überhaupt nicht verwerflich. Das war genau die richtige Art von Unterstützung, die eine Justizministerin der Justiz angedeihen lassen soll und kann.

STANDARD: Keine Verletzung der Rechtsstaatlichkeit?

Krakow: Nein. Der Rechtsstaat will das ja. Der Rechtsstaat wollte, dass der Haftbefehl umgesetzt wurde. Die Unterstützung in Frankreich hat bewirkt, dass der dortigen Justiz klar wurde, welche Bedeutung der Fall für Österreich hat; das war den Franzosen nämlich gar nicht gleich klar. Bei uns weiß jeder, was Elsner und Bawag bedeutet, in Frankreich überhaupt nicht.

STANDARD: Herr Elsner ist jetzt zur Untersuchung im Wilhelminenspital. Wie geht es ihm?

Krakow: Ich habe ihn nicht gesehen, werde ihn voraussichtlich erst bei der Haftverhandlung in vierzehn Tagen sehen.

Zu seinem Gesundheitszustand dürfte ich Ihnen aber sowieso nichts sagen.

STANDARD: Hat Sie Elsner mit seiner Gesundheit gefoppt?

Krakow: Es steht jedem Beschuldigten zu, die Strategie zu fahren, die er für die beste hält.

STANDARD: Warum haben Sie für Elsner nicht schon vor September Haft beantragt?

Krakow: Weil zu Beginn des Verfahrens gab es nur den Verdacht auf Bilanzmanipulation, deswegen verhängt man keine U-Haft. Erst später hat sich die Verdachtslage in Richtung Betrug und Untreue konkretisiert. In der Zeit kam Elsner zu seinen Vernehmungen, es gab keinen Haftgrund.

STANDARD: Für Flöttl haben Sie einen Haftantrag gestellt, der abgelehnt wurde.

Krakow: Weil nach anfänglicher Verdachtslage er die alleinige Hauptperson im Verfahren gewesen wäre. Das hat sich dann ein wenig relativiert ...

STANDARD: ... ein wenig ist, gut, es gibt neun Beschuldigte.

Krakow: Das mindert doch nicht die Schuld des Einzelnen. Wir haben ja nicht ein fixes Quantum Schuld, das man auf einen oder neun aufteilt. Flöttl kam immer zur Einvernahme, war auch kooperativ.

STANDARD: Elsners Anwalt sagt, der werde „verteufelt“, tatsächlich ist die Berichtslage recht einschlägig.

Krakow: Die Situation in diesem Verfahren ist für die Beschuldigten nicht einfach; auch wegen des Medieninteresses. Natürlich gilt für Elsner die Unschuldsvermutung, natürlich ist es besonders für ihn sehr schwierig.

STANDARD: Bundespräsident Fischer sagt, „früher hatte man den Eindruck, die Großen können sich’s richten“, jetzt sieht er Gefahr der Vorverurteilung.

Krakow: Es gab gerade in Wirtschaftsverfahren oft Beschuldigte, bei denen es länger als fünf Monate gedauert hat, bis man ihrer habhaft wurde. Da gibt es internationale Verflechtungen, mehrere Wohnsitze, das liegt in der Natur der Sache. Dafür, dass es sich die Großen eben nicht richten können, sind unter anderem wir da.

STANDARD: Sie finden auch unvoreingenommene Schöffen?

Krakow: Im Strafverfahren sehe ich überhaupt keine Gefahr für eine Vorverurteilung. Die Gerichte und Staatsanwälte sind Profis. Und natürlich finden wir geeignete Schöffen, es ist ja nicht jeder voreingenommen, weil er schon etwas von dem Fall gehört hat. Wir sind nicht im US-Film, wo man monatelang Geschworene sucht, die hinter den sieben Bergen wohnen und keinen Fernsehapparat haben. Aber natürlich wird das Verfahren aufgrund seines Umfangs und seiner Komplexität auch für die Schöffen viel aufwändiger als ein durchschnittliches Verfahren.

STANDARD: Elsners Anwalt sagt, sein Mandant habe "die Bawag zu einem blühenden Unternehmen" gemacht.

Krakow: Und die Staatsanwaltschaft hat ihn wegen Bilanzmanipulation, Untreue und Betrugs angeklagt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17./18.2.2007)