Wolfgang Schubert: "Herr Elsner war überrascht und sehr betroffen."

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STANDARD: Helmut Elsner wurde nach fünf Monaten Hin und Her in einer Blitzaktion heimgeholt. Er sprach von "Nacht-und-Nebel-Aktion". Sie auch?

Schubert: Man kann das so bezeichnen. Herr Elsner war überrascht und sehr betroffen. Er war in der Klinik, um sich auf seine Bypass-Operation vorzubereiten, dann wurde er kurz von einem französischen Arzt und dem angereisten österreichischen Kardiologen und Gutachter Dietmar Steinbrenner untersucht. Er attestierte ihm trotz Einwänden seines französischen Kollegen Transportfähigkeit, er wurde per Ambulanz abtransportiert. Obwohl ihm das französische Gericht ausdrücklich zugesichert hatte, dass ihm noch ein Rechtsmittel zusteht. Frankreich hätte ihn nicht ausliefern dürfen. Was das Vorgehen der Österreicher betrifft: Es ist höchst befremdlich, dass bereits der Jet wartete.

STANDARD: Sie wittern ein Gefälligkeitsgutachten der Ärzte?

Schubert: Dazu sage ich nichts. Nur zu Elsners Untersuchung vor der Auslieferung: Er stand wegen der Vorbereitung zur Operation unter massivem Medikamentenbeschuss, das war nur eine vorübergehende Verbesserung seines Gesundheitszustands. Er muss jetzt operiert werden, von seinem Arzt in Frankreich - und wenn das nicht geht, im Wiener AKH. Den Antrag habe ich schon eingebracht.

STANDARD: Justizministerin Maria Berger sprach von politischem Einfluss. Befremdet Sie das nicht?

Schubert: Dass es für die Auslieferung politischen Druck gegeben haben soll, verstärkt nur meinen generellen Eindruck. Unabhängig davon, was Herr Elsner gemacht oder nicht gemacht hat, bin ich nämlich überzeugt, dass der Umstand, dass er in der Öffentlichkeit jetzt so verteufelt wird und verhaftet wurde, auf die sehr ungünstige politische Konstellation im Wahlkampf zurückzuführen ist. Die Sozialdemokratie hatte Interesse, die Verantwortung auf eine Person abzuschieben, alle anderen Parteien haben ihn als Synonym für rote Misswirtschaft hingestellt. Auch Herr Elsner hat Menschenrechte, die in Frankreich und Österreich nicht geachtet wurden und werden. Auch Unterlagen aus dem Gerichtsakt wurden an Medien gespielt, deswegen habe ich ja auch entsprechende Beschwerden eingebracht.

STANDARD: Der Wahlkampf ist lange vorbei. Die Justiz hat fünf Monate versucht, den Haftbefehl gegen Elsner umzusetzen. Er hat ein Attest nach dem anderen vorgelegt, letztlich war er doch transportfähig ...

Schubert: Elsner ist krank, und das ist durch ein Gerichtsgutachten objektiviert. Neunmal kam er zur Vernehmung nach Wien, er hat dem Gericht alle Unterlagen gegeben, die es wollte und die er hatte. Zur zehnten Vernehmung kam er dann nicht, weil er zusammengebrochen und in Spitalsbehandlung war. Der Haftgrund Fluchtgefahr, der eine verborgene Veränderung des Aufenthaltsortes voraussetzt, hat nie bestanden. Die Staatsanwaltschaft hat immer gewusst, wo Herr Elsner ist; fuhr er einmal über Nacht weg, gab er das bekannt, das wurde auch mit Anrufen kontrolliert. Fluchtgefahr besteht auch jetzt nicht, weswegen ich gegen die Verhängung der U-Haft Beschwerde einlege. Wenn er wieder fit ist, wird er sich dem Verfahren uneingeschränkt stellen. Er wäre froh, wenn er mit alter Kampfeskraft daran teilnehmen kann.

STANDARD: Klingt gefährlich, wenn man Elsner kennt. Er wird wohl nichts gestehen?

Schubert: Nein. Er wird sich nicht schuldig bekennen. Er hat seit 1955 in der Bawag gearbeitet und ist, gemeinsam mit den vielen fleißigen Mitarbeitern, verantwortlich dafür, dass aus der Bawag ein blühendes Unternehmen wurde, das im Dezember um 3,2 Mrd. Euro verkauft werden konnte.

STANDARD: Klingt zynisch. Die Bank war 2000 de facto pleite, der ÖGB ist es auch fast und musste die Bank verkaufen.

Schubert: Der ÖGB hat von der Bank hunderte Millionen an Dividenden bekommen. Ein allfälliger Schaden, der ihm entstand, stünde in keinem Zusammenhang mit der Tätigkeit Elsners, die im April 2003 geendet hat. Bawag-Chef Nowotny hat ja selbst erklärt, dass alle Verluste vor 2004 mit der Bilanz 2005 verarbeitet waren.

STANDARD: Darüber befindet das Gericht. Wer muss denn vor Elsners Aussagen zittern?

Schubert: Nur Wolfgang Flöttl muss sich fürchten. Elsner steht zu seiner Verantwortung und seinen Entscheidungen, von denen viele großen Erfolg für die Bank brachten, einzelne wenige eben nicht. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.2.2007)