Straßburg - Nach heftigen politischen Kontroversen und einem Jahr Untersuchung durch einen Sonderausschuss hat das Europaparlament den Bericht zur Prüfung von illegalen CIA-Aktivitäten in Europa am Mittwoch verabschiedet. Im Folgenden die wichtigsten Eckpunkte des Reports.

Illegale Überstellungen: Das Europaparlament "verurteilt die Praxis der außerordentlichen Überstellungen als illegales und systematisches Instrument der Vereinigten Staaten beim Kampf gegen den Terrorismus". Es "verurteilt ferner die wiederholte Akzeptanz und Verschleierung dieser Praxis durch die Geheimdienste und Regierungsbehörden mehrerer europäischer Länder". Die Abgeordneten betonen, "dass zwischen Ende 2001 und Ende 2005 mindestens 1.245 Flüge der CIA in den europäischen Luftraum stattgefunden haben oder auf europäischen Flughäfen zwischenlandeten". Es erscheine "unwahrscheinlich", dass einige europäische Regierungen von außerordentlichen Überstellungen keine Kenntnis hatten.

Entführungsfälle:

Konkrete Fälle von Personen, die durch die CIA auf europäischem Boden entführt oder an US-Behörden illegal überstellt wurden, werden für Italien, Großbritannien, Deutschland, Schweden, Spanien, Portugal, Griechenland, Zypern, Belgien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina genannt. Die ursprünglichen Vorwürfe gegen die frühere rot-grüne Berliner Regierung im Fall des aus dem Libanon stammenden Deutschen Khaled el-Masri Khaled El Masri wurden abgeschwächt. Der Untersuchungsausschuss habe gezeigt, "dass es keine Beteiligung der deutschen Behörden an der rechtswidrigen Entführung gegeben hat". Ein Angebot der USA, den Terrorverdächtigen Murat Kurnaz, einen in Deutschland geborenen Türken, aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo zu holen, sei "von den deutschen Behörden nicht akzeptiert" worden, betont das EU-Parlament.

Gerügt wird auch die mangelnde Aufklärung von zwei Entführungsfällen von legal in Österreich lebenden Ausländern - des Sudanesen Masaad Omer Behari und des Ägypters Gamalo Menshawi - in der jordanischen Hauptstadt Amman Anfang 2003. Die Festnahmen seien jedoch ohne Mitwirkung der österreichischen Behörden erfolgt.

Geheime Haftanstalten

Das EU-Parlament kann "nicht ausschließen, dass US-Geheimdienste geheim in Rumänien operiert haben und dass keine schlüssigen Beweise vorgebracht wurden, um alle Vorwürfe bezüglich des Betriebs einer geheimen Haftanstalt auf rumänischen Boden zu widerlegen". Die Abgeordneten nehmen weiters zur Erklärungen polnischer Behörden Kenntnis, "wonach es in Polen keine geheimen Haftanstalten gegeben hat". Es lasse sich aber "nicht feststellen oder leugnen", ob es in Polen geheime Haftanstalten gegeben habe. Im Fall des Kosovo verweist der Ausschuss auf Aussagen des früheren Ombudsmannes der Provinz, wonach auf dem Stützpunkt Bondsteel häufig Personen ohne Gerichtsbeschuss oder externe Kontrolle festgehalten wurden. Die NATO habe aber die Bereitstellung von Beweisen verweigert, beklagt das EU-Parlament.

Kooperation mit dem Ausschuss

Das Europaparlament "bedauert die mangelhafte Zusammenarbeit vieler Mitgliedstaaten und des Rates der Europäischen Union gegenüber seinem nichtständigen Ausschuss". Das Verhalten der Mitgliedstaaten und der EU-Ratsvorsitze sei "weit hinter dem Stand zurückgeblieben, den es berechtigterweise erwarten darf". Über die "nicht erschöpfenden Antworten des Rates" und des EU-Außenbeauftragten Javier Solana bekundet der Bericht Besorgnis. Ein Antrag, wonach der heutige EU-Kommissionspräsident und frühere portugiesische Regierungschef Jose Manuel Barroso eine wichtige Rolle im US-Kampf gegen Terror gespielt habe, erhielt keine Mehrheit.

Sanktionen

Die Drohung mit Einleitung eines Sanktionenverfahrens nach dem EU-Vertrag wegen schwerer Grundrechtsverletzungen wird deutlich abgeschwächt. Der EU-Rat soll aber "Druck auf alle betroffenen Regierungen" ausüben, "damit diese den Rat und die Kommission vollständig und genau informieren, und dass er nötigenfalls Anhörungen beginnt und unverzüglich eine unabhängige Untersuchung in Auftrag gibt". (APA)