Innerhalb von eineinhalb Jahren dürfte der oberösterreichischen Jugendwohlfahrt damit zum zweiten Mal ein schwer wiegender Fehler unterlaufen zu sein. Im Mai 2004 ließ in Steyr eine fanatische Mutter ihre 17-jährige Tochter verhungern. Seit 1995 war diese Familie von der Jugendwohlfahrt betreut worden. Den Tod des Mädchens konnte sie nicht verhindern.
Mit dem jetzt bekannt gewordenen Fall in Linz war die Jugendwohlfahrt auch schon seit mehreren Jahren betreut. Seit 2001 war amtsbekannt, dass die drei Mädchen massiv unter der kranken Mutter zu leiden hatten. Dennoch: Nicht nur Ilk verteidigt die Jugendwohlfahrt. Auch der zuständige Soziallandesrat Josef Ackerl (SPÖ) meinte zum Standard: "Ich will jetzt nicht auf die Sozialarbeiter hinhauen", die Situation sehe so aus, dass die Jugendwohlfahrt grundsätzlich gelindere Mittel anwende.
Zum Wohl des Kindes
Anders formuliert: Es muss immer zum Kindswohl gehandelt werden, und dies sei nun mal der Verbleib in der Familie. Kinder von den Eltern zu trennen sei der schlechteste und letzte Weg. Weshalb die Behörden besagtes gelinderes Mittel, die Familientherapie, bevorzugen. Jene heute 53-jährige Mutter, eine Anwältin, habe sich wohl auch kooperativ gezeigt. Außerdem handelt es sich um eine angesehene Akademikerfamilie, wo derartige Zustände für undenkbar gehalten werden, meint der Landesrat. "Offensichtlich sind die Sozialarbeiter einer Fehleinschätzung aufgesessen", gibt er letztendlich doch zu. Eine falsche Beurteilung der Situation seitens der Behörden hatte im Fall Steyr zur Verurteilung des zuständigen Sozialarbeiters geführt.
Fehlendes Personal und Geld macht Ackerl mitverantwortlich dafür, dass häufig nicht genug Zeit bleibe, um sich intensiv mit jedem einzelnen Klienten auseinanderzusetzen. Ein Argument dem zwar auch die Sachwalterin generell zustimmen kann, im aktuellen Fall jedoch nicht. Hinweise - nicht nur aus der Bevölkerung - für Gefahr im Verzug habe es viele gegeben.
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