Gerhard Rodler, Immobilien- Fachjournalist.

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Die Klugen, so hören wir neuerdings sogar in diversen Werbespots in Radio und TV, investieren jetzt so viel wie möglich in den schier unerschöpflichen Hoffnungsträger namens Osteuropa.

So gesehen besteht die heimische Immobilienbranche aus überdurchschnittlich hellen Köpfen. Denn schon seit Jahren pumpt die heimische Immobilienwirtschaft geschätzte dreißig Prozent ihrer Ressourcen, ihres Kapitals und ihrer Arbeitszeit in die östlichen und südöstlichen Regionen unseres Kontinents, im gefügigen Immobilienjargon kurzum CEE und CSEE genannt. Ganz gleich, ob Immobilienentwickler, Bauträger oder Immobilieninvestor - für diese können es im "Wilden Osten" gar nicht genug Aktivitäten sein. Allein, die Zahl der freiwillig in diesen Ländern arbeitenden Mitarbeiter bremst kann den an sonst ungezügelten Expansionsdrang der Immobilienentwickler und Immobilieninvestoren da noch bremsen.

Bei kurzfristiger Betrachtung ist das auch durchaus verständlich: Während wie erwähnt ein geschätztes Drittel der Investments auf diese Regionen entfallen, steuern sie gut und gerne - wieder geschätzt – bis zur Hälfte des Ertrages zum Unternehmensergebnis bei. Die Frage ist nur: Wie lange kann das noch gut gehen?

Nüchtern betrachtet ist es nämlich nicht nachvollziehbar, warum beispielsweise die Renditen für Büroimmobilien in Zentral- und Osteuropa mittlerweile sogar schon knapp unter dem westeuropäischen Niveau liegen, während das Risiko unbestritten noch etwas höher eingestuft werden muss. Und in jenen Osteuroparegionen, wo die Renditen noch nicht in den Keller gerutscht sind, ist dies zu erwarten. Des einen Freud, das anderen Leid: Die Osteuropapioniere haben ihren Gewinn längst gemacht – und den Grundstein dazu vor gut einem Jahrzehnt gelegt. Für sie sind die jetzt rasant fallenden Renditen gleichbedeutend mit fetten Gewinnen. Doch den Unternehmen, die in diesen Märkten mit Büroimmobilien und anderen Geschäften erst jetzt reich werden wollen, droht folgenschwerer Höllenritt.

Osteuropa ist auf der wirtschaftlichen Landkarte längst kein weißer Fleck mehr. Nein, es bietet ein Marktumfeld, in dem sich der wirtschaftliche Gegenwind bald zu einem Orkan entwickeln könnte. Und wie sich solche Orkane auswirken, wissen wir ja seit einigen Wochen recht gut. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10./11.2.2007)