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Aus der Kollektion von Ute Ploier

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Entwurf von Wendy & Jim

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Eine Kreation von Petar Petrov

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"Vergiss Paris", titelte am Tag nach den Prêt-à-Porter-Schauen die Frankfurter Allgemeine Zeitung, man möge lieber nach Berlin schauen. Dort war gerade eine "Avant-gardemode-Messe" über die Bühne gegangen. Wiener Designer sehen das anders: Gleich drei von ihnen präsentierten in Paris ihre Männer-Kollektionen für den nächsten Herbst und Winter. Und sie lagen damit genau richtig.

Allen anders lautenden Meldungen zum Trotz ist Paris die Hauptstadt der Mode. Wer hier reüssiert - und das ist denkbar schwierig -, wird wahrgenommen; hierher pilgern Saison für Saison die Journalisten, hierher kommen die Einkäufer. Und auf die wagemutigen unter ihnen kommt es an - vor allem bei den österreichischen Designern.

Diese beschreiten bevorzugt ungewöhnliche Wege. Sie dekonstruieren die Silhouetten (Wendy & Jim), sie remixen Straßenlooks (Petar Petrov) oder geben sich dunkel und verhüllt (Ute Ploier). Doch der Reihe nach.

Klare Linien und dunkle Farben

Sonntag, früher Abend, es ist der dritte Tag der Prêt-à-Porter-Schauen. Die Shows von Yves Saint Laurent und Paul Smith sind gerade vorüber, jetzt pilgern die Heerscharen an Fashionistas in das dritte Arrondissement. In einer weiß ausgemalten Lagerhalle zeigt Ute Ploier, Absolventin der Wiener Angewandten und Preisträgerin des berühmten Nachwuchsfestivals von Hyères. Sie ist nicht das erste Mal in Paris, doch dieses Mal geht sie einen neuen Weg. Konzentrierter ist ihre Kollektion, aus einem Guss, basierend auf einigen wenigen Basics. Ähnlich wie ihr ehemaliger Professor Raf Simons bei Jil Sander baut sie die Kollektion langsam auf: schmale, tief sitzende Hosen zu Schnürschuhen, wahlweise kombiniert mit einer kurzen, an der Taille gerafften Kapuzenjacke, einem Poncho, einer metallisch glänzenden, abgesteppten Bomberjacke oder einem Staubmantel. Die Linien sind klar, die Farbtöne dunkel, die Bubi-Models tragen Silberreifen im Haar. Einige Highlights stechen hervor: Jeans mit doppeltem Zipper rund um die Hüfte, plissierte, pludrige Hosen, ein Wickeloberteil. An die Figur eines ver-hüllten Boten habe sie bei der Erarbeitung der Kollektion gedacht, erklärt Ploier backstage. Ihr brachte der Bote Glück.

Das Lodenthema

Einige Straßenzüge weiter und eine halbe Stunde später. Bevor Hermès im imposanten Palais Royal die neue Kollektion zeigt, sind im dichtgedrängten Schauenkalender Helga Schania und Hermann Fankhauser, alias Wendy & Jim, dran. Sie zeigen in einer heruntergekommenen Autowerkstätte in der Rue de Turenne, zwischen Stahlträgern und einem einzelnen Lieferwagen, der am Ende des Runway steht. Ein stimmungssatter Ort, gerade richtig für das radikale Design des Wiener Duos. Seit Helmut Lang von der Bildfläche verschwunden ist, sind Wendy & Jim die akklamiertesten österreichi-schen Designer - mit großer Fangemeinde v.a. in Fernost. Viele asiatische Gesichter finden sich denn auch in der ersten Reihe.

Mantel- und Anzugvariationen machen den Anfang, manche hochgeschlossen, manche ohne Krägen. Das Lodenthema (selbst grüner Lo-den ist dabei!) wird variiert, die Vier-Knopf-Anzüge sind breit geschnitten - als wolle man der allseits herrschenden Schmalspursilhouette etwas entgegenset-zen. Um Auslassungen geht es (am klarsten bei den einarmigen Pullovern zu sehen) bzw. um das Ersetzen einzelner Details. Plastikstoffe treffen auf klassische Materialien, ein Hosenmodell trägt spitze, abstehende Taschen. Im Anschluss an die Show stürmt der Designer Jean Charles de Castelbajac hinter die Bühne, um zu gratulieren. Zu Recht: Es war eine der stärksten Shows des Duos seit Jahren.

Davidstern, Hammer und Sichel

Kraftvoll auch Petar Petrov am folgenden Tag, auch er zeigt in einer dieser typischen Pariser Garagen, diesen Hallen mit verrosteten Stahlträgern und imposanten Glasdächern. Es sind etwas weniger Leute gekommen als bei den anderen beiden Designern, langsam macht sich bereits die Schauenmüdigkeit breit. Petrovs Thema waren von Anfang an Jugendkulturen, der Designer selbst ist in Bulgarien geboren und kam 1999 nach Wien.

Beide Welten sind auch der neuen Kollektion ablesbar, etwa 30 Outfits, bei denen Petrov viel mit geometrischen Mustern arbeitet, mit starken Farben, die aufeinanderprallen. Auf einigen Outfits sind Symbole wie der Davidstern oder Hammer und Sichel abgedruckt, popkulturelle Zeichen, ihres wirklichen Inhalts entleert. Jeans haben großflächige Einsätze, Anzüge gibt es wenige - dafür viele Sweatshirts, Pullover mit Gittermuster, Bomberjacken, dazu trägt man durchwegs cremefarbene Boots. Straßenmode mit Ostflair, individuelle Uniformen für die Zukunft.

Für diese ist Österreichs Mode jedenfalls nicht schlecht gerüstet, das haben diese Schauen klar gezeigt. Drei österreichische Modemacher am Runway, das ist allerhand, sagt der Herausgeber einer deutschen Modezeitung, als die letzte Schau vorüber ist: "Deutsche Designer in Paris, davon gibt es nur zwei." (Stephan Hilpold/Der Standard/Rondo/09/02/2007)