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Wien - Wenn Verkehrsminister Werner Faymann in wenigen Tagen mit den Bundesländern Verhandlungen über die Verschiebung von Straßen- und Bahnprojekten beginnt, stehen die Zeichen auf Sturm. Der Grund dafür ist die Ankündigung des SPÖ-Ministers, der Koralmtunnel werde erst im Jahr 2020 fertig und nicht, wie im Vertrag aus dem Jahr 2004 fixiert, bereits 2016.

Wiewohl Faymann und Bundeskanzler Alfred Gusenbauer am Sonntag versicherten, der Koralmbahn-Vertrag werde "auf Punkt und Beistrich eingehalten", war der Wirbel perfekt, denn weder der steirische Landeshauptmann Franz Voves noch der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider wollen eine Verschiebung akzeptieren. Er habe die zuständigen Stellen im Land beauftragt, eine Klage gegen die österreichische Bundesregierung wegen Nicht-Einhaltung des Vertrages zum Bau der Koralmbahn und des darin enthaltenen Zeitplanes vorzubereiten, ließ Haider am Sonntag via Aussendung wissen. "Wir müssen im Falle des Falles gerüstet sein und die Klage sofort einbringen können", verkündete Haider, der hinter dem Zick-Zack-Kurs der Bundesregierung bei der Koralmbahn anhaltend massive Versuche, das Projekt zu verzögern oder gar zu Fall zu bringen, vermutet. "Weil wir gut verhandelt haben, ist es den Gegnern des Südens bisher nicht gelungen, dieses volkswirtschaftlich so wichtige Projekt zu verhindern", sagte Haider unter Hinweis auf die Präambel im SPÖ-ÖVP-Regierungsprogramms, die nicht nur den Eurofighter-, sondern auch den Koralmbahn-Vertrag außer Streit stelle.

Ein Sprecher Faymanns betonte am Sonntag: "Das Ziel, mit dem Bau des Hauptstollens 2008 zu beginnen, gilt nach wie vor."

Realistisch ist dies aus Sicht der ÖBB freilich nicht, denn laut Informationen aus dem ÖBB-Aufsichtsrat ist dies nicht nur aufgrund bestehender Finanzierungsengpässe "sehr ambitioniert", sondern auch technisch. "Vor der Fertigstellung der Erkundung des Stollens ist eine realistische Aussage über den zeitlich realistischen Fertigstellungszeitpunkt nicht möglich", heißt es in einem Protokoll vom 29. November. Das könnte der Hintergrund von Faymanns Ankündigung in der "ZiB" am Samstag gewesen sein, der Tunnel werde erst 2020 fertig. Neben seinem SPÖ-Parteikollegen Voves macht auch die Kärntner SPÖ-Chefin Gabi Schaunig Druck. Gusenbauer habe klargestellt, dass der Vertrag zwischen Bund, ÖBB, Kärnten und der Steiermark eingehalten werde.

Ob eine Klage gegen eine Verzögerung Aussicht auf Erfolg hat, bezweifeln Rechtsexperten. Bauwerke dieser Dimension seien allein aufgrund geologischer Ungewissheiten nie auf Monate genau planbar. Selbst im Ministerratsvortrag aus 2004 war nur von einem "gemeinsamen Wunsch" einer "Inbetriebnahme zum ehest möglichen Zeitpunkt anzustreben. Gelingt es Faymann nicht, den Koralmbahn-Ausbau um mindestens 4,2 Milliarden Euro nennenswert nach hinten zu verschieben, müssen viele kleinere Projekte verschoben werden, darunter der viergleisige Westbahnausbau - und möglicherweise sogar der Hauptbahnhof Wien (siehe Grafik), weil die Republik pro Jahr nur für maximal 1,5 Milliarden Euro haftet. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.2.2007)