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Börsen-Altmeister André Kostolany war auch ein Meister des Humors. Er pflegte zu beruhigen, dass man meist sowieso nur 100 Prozent verlieren könnte, erheiterte und belehrte sein Publikum gern mit Tipplisten zum Scheitern in der Geldanlage, etwa: "Investieren Sie nur in Unternehmen, deren Geschäftsmodelle Sie nicht verstehen." Oder: "Begrenzen Sie Gewinne und lassen Sie Verluste laufen. Kursziele und Stoppkurse sind etwas für Anfänger." Das ist wohl lustig. Aber nur, solange es nicht um eigene Betroffenheit geht.

Scheitern in der Wirtschaft heißt zuerst einmal draußen zu sein, ein Stigma zu tragen. Welche Bank gibt einem Pleitier noch Geld? Welcher Headhunter stellt einem Manager nach, der nachweislich versagt hat? Noch gibt es keinen Verein solcher Bankrotteure mit Namen "Schöner scheitern", auch wenn gepredigt wird, dass runde, reife Persönlichkeiten erst aus Niederlagen und Rückschlägen erwachsen. Privat, für das innere Wachstum, stimmt das sicher, aber im Job? Wer will denn die Geschichten von Gescheiterten hören? Wer will sie denn im Netzwerk? Wer empfiehlt sie denn weiter? Interessant werden sie doch erst, wenn sie es wieder nach oben geschafft haben. Dann gilt das als extrem begehrte Lernkurve. Im Sport wie in der Wirtschaft. Glücklich, wem ganz tiefe Täler im Job, in der Öffentlichkeit erspart bleiben – vor allem auch, weil die Mediengesellschaft noch eins draufsetzt und Scheitern meist zum Sturz vor laufender Kamera macht.

Davor haben Unternehmen auch Angst, bezahlen Berater und Assessoren mit ausgeklügelten Konzepten, um Scheitern (für beide Seiten) schon bei den Besetzungen zu verhindern. Aber zurück zu Kostolany und seinen Tipps: Was spricht denn dagegen, mitten in der Hausse den eigenen Erfolg einmal von der anderen Seite zu betrachten und den Humor als Scheiterns-Prophylaxe nach blinden Flecken suchen zu lassen? (Karin Bauer, Der Standard, Printausgabe 3./4.2.2007)