Susanne Brandstätter und Osman Kuci sehen Demokratisierungs­chancen.

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Wien - Susanne Brandstätter ist eine Filmemacherin mit klarem politischen Auftrag: "Wer den Kosovo demokratisieren, dort ein modernes Justizwesen aufbauen möchte, muss die alten Rechtstraditionen des Landes miteinbeziehen", betont die Österreicherin mit US-Wurzeln im Standard-Gespräch.

Brandstätters Streifen "Rule Of Law" läuft derzeit in heimischen Kinos. Neben der expliziten Handlung - ein Fall von Steinigung an Serben in Prishtina wird unter der Leitung der österreichischen UN-Richterin Claudia Fenz verhandelt - spielt darin die so genannte Kanun-Gerichtsbarkeit die Hauptrolle: das rund 1000 Jahre alte, im 15. Jahrhundert zu Papier gebrachte System der Streitschlichtung und Konfliktlösung in den kosovarischen Dörfer.

Auch heute noch sei "der Kanun jedem Kosovaren ein Begriff", erläutert Osman Kuci, Lehrer, Dolmetscher und zuletzt Mitarbeiter der UN-Verwaltung in juristischen und menschenrechtlichen Fragen. Von eigenen Kanun-Richtern - respektierten Männern in den Dörfern - ausgeübt, schaffe es die Parallelgerichtsbarkeit vor allem bei Streits über Grundeigentum, neuen Konsens herzustellen.

Aber auch in Fällen wie dem im Film beschriebenen - bei Mord - komme die traditionelle Mediation zum Einsatz: "Während der vom offiziellen Gericht verurteilte Täter sitzt, versuchen die betroffenen Familien, Frieden miteinander zu schließen. Kommt der Täter dann aus dem Gefängnis zurück, muss er sich an die vereinbarten Auflagen halten, sonst wird er sozial geächtet", schildert Kuci

In Brandstätters Film werden auch Treffen von UN-Richterin Fenz mit Kanun-Richtern gezeigt. Für die Regisseurin "der einzig richtige Weg" - und zwar "über den Kosovo hinaus". Alte Rechtsssyteme gebe es auch in Pakistan und in Indien - "und selbst im Irak wird man wir ohne Respekt ähnlicher Traditionen auf dem Demokratisierungsweg nicht weiterkommen". (Irene Brickner/DER STANDARD, Printausgabe, 2.2.2007)