foto: berliner techninkmuseum
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"Schau dir mal diese Details an, diese feinen Leitungen und Röhren", sagt der Mann mit den grauen Haaren und schickt ein euphorisches "Schön" hinterher. "Unglaublich. Wie viele Stunden Arbeit da drinstecken", meint sein etwa gleichaltriger Nachbar. Er macht eine Pause und sagt schließlich: "Tolles Kinderspielzeug." Dann schauen die beiden Männer mit glänzenden Augen auf die filigran gearbeiteten Dampfmaschinen, die im Glaskasten vor ihnen aufgebahrt sind wie sehr wertvolle Schmuckstücke.

Der Moment wirkt wie die szenische Umsetzung des Satzes "In jedem Mann steckt ein Kind" - und damit wie bestellt für den Beginn der neuen Ausstellung "Spiel mit Technik" im Berliner Technikmuseum, die in Kooperation mit dem Technischen Museum Wien entstand, wo sie ab Ende April zu sehen sein wird. Schließlich geht es den Machern neben der wechselseitigen Beziehung von Technik, Spiel und Faszination darum, zu zeigen, dass "das technisierte Spiel ein elementarer Bestandteil menschlicher Kultur ist", das Wissen über Technik fördere und ein Hort für Innovation sei. Ideen, die nicht nur dem Spielvergnügen zugute kommen, sondern die auch Wirtschaftsfaktoren oder Kriegspropaganda sein können.

Kuratiert wurde die Ausstellung auch von Stefan Poser, der sich seit Jahren bemüht, dem Kapitel "Spiel und Technik" eine stärkere Bedeutung in der Technikgeschichte einzuräumen. Der Besucher wandert durch ein buntes Sammelsurium an Spielzeug aus den vergangenen zwei Jahrhunderten. Darunter ein englischer Fußballautomat aus den Zwanzigern, die klobigen Pixel-Beginne des Computerspiels für zu Hause, Achterbahn-Gondeln, Fahrräder, Roboter, auch die berühmten Wissenschaftskästen oder Technikbausätze von Fischer, die Generationen von Naturwissenschaftern und Ingenieuren geprägt haben. An Computern kann man sein statisches Verständnis im Brückenbau testen oder sein Glück am Kicker probieren. Dabei erfährt man, dass das Spiel auch häufig Anstoß für neue Ideen sein kann, die der Technik und Wissenschaft, aber auch der Spielwarenindustrie zugute kommen. Wie am Beispiel Playmobil dargestellt, dessen Entwicklungsabteilung häufig Anregungen zu neuen Spielzeugen von Kindern aufgreift. Gerade in der Moderne ist das Technikspielzeug zu einem Wirtschaftsfaktor der Freizeitgesellschaft geworden, deren Wunsch nach neuen Spielekicks groß ist, um dem wirklichen Leben entfliehen zu können. Der hochindustrialisierte Anspruch wie bei Sportartikeln oder Computerspielen zwingt Hersteller stets, neue Grenzen auszutesten, um Altbekanntem eine spannende Spielerfahrung zu entlocken.

Auffallend ist der positive Zugang zur Technisierung des Spiels. Ein wenig scheint dies als plakative Attacke gegen die humanistisch geprägten Spieltheoretiker wie Friedrich Schiller oder Johan Huizinga. Beide hielten vom Spiel ziemlich viel, verteufelten aber die Technik. Eine Spur dieser Technikfeindlichkeit scheint bis heute die Diskussionen über Computerspiele zu prägen. So wirkt die Technikfreundlichkeit der Ausstellung provokant. Verklärung ist dabei nicht im Spiel. Denn gerade im Kapitel über Kriegsspielzeug und Ego-Shooter wird auf die moralische Fragwürdigkeit, mit der Technikspielzeug in der Geschichte produziert und instrumentalisiert wurde und wird, deutlich hingewiesen. Beim Rundgang wird klar, dass es der Mensch ist, der sich in der Technik zu reproduzieren sucht - mit allen positiven und negativen Attributen. Vielleicht wird die Debatte über "Killerspiele" deshalb so dramatisch geführt, weil sie dem Menschen vor Augen führt, wie hilflos er nicht der Technik, sondern sich selbst ausgeliefert ist. (Ingo Petz/Der Standard/rondo/26/01/2007)