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Michael Michalsky

michalsky holding gesmbh
Die unteren Etagen in dem frisch hergerichteten Bürohaus in Berlin Mitte sind noch leer. Nur an den Klingeln für die obersten beiden Etagen klebt ein Schild: Michalsky. Die Lettern begegnen einem wieder, wenn man aus dem Aufzug tritt: Groß, schwarz und glänzend wie eine Pop-Art-Skulptur leiten sie zum Eingang des weitläufigen Lofts, in dem neuerdings unter diesem Namen Mode gemacht wird.

Michael, so nannte 1967 nicht nur die Familie Michalsky in der norddeutschen Kleinstadt Bad Oldesloe ihren Sohn - man denkt nicht gerade an internationalen Chic, wenn man den Namen hört. Doch Michael Michalsky stört das nicht - er hat ihn sich trotzdem als Label für seine eigene Modelinie gewählt, vielleicht, weil er so lange unter einem anderen Namen gearbeitet hat.

Nach seinem Abschluss am Londoner College of Fashion, wohin Michael Michalsky der kleinstädtischen Enge von Bad Oldesloe entflohen war, hat er erst bei Levi's Deutschland und dann zehn Jahren lang unter dem Zeichen der drei Streifen von Adidas designt. Wie er es geschafft hat, der leicht angestaubten Marke wieder modisches Leben einzuhauchen, nötigte der gesamten Branche Respekt ab. "Adidas war das Original - ohne Adidas gäbe es kein Nike", erklärt Michalsky heute. "So etwas muss man fühlen, damit muss man sich identifizieren - dann geht es."

Relaunch

Danach hat Michalsky einen vielleicht noch schwierigeren Job übernommen: den Relaunch der abgehalfterten Münchner Luxusmarke MCM, die sich mittlerweile im Besitz einer koreanischen Firmengruppe befindet. Und auch das läuft zufrieden stellend an, vor allem in Asien, wo die Taschen mit dem Logo nie ganz weg waren.

Doch eigentlich, so sagt Michalsky beim Treffen in seinem Büro, möchte er nicht über die Vergangenheit reden, sondern über die Zukunft: seine eigenen Labels. Drei Kollektionen soll es geben: Sportswear unter dem Namen "Michamic", eine Jeans-Linie unter dem Namen "Planet M", und schließlich die Luxusmarke "Michalsky".

Beste Materialien

"Michalsky" soll sich in einem ähnlichen Segment etablieren wie Prada oder wie Boss Black Label: für Leute, die Qualität erkennen, die es zu schätzen wissen, wenn ein Kleidungsstück aus besten Materialien gefertigt wird, in guten europäischen Fabriken. "Ich stelle mir vor, dass das Leute anziehen wie aus meinem eigenen Umfeld", sagt Michalsky. "Leute, die offen sind, wahrscheinlich in einer Großstadt leben, vielleicht einen modernen Beruf haben." Seine Mode möchte er an Menschen sehen, die selbstbewusst sind, ihren eigenen Stil haben - und die gern einzelne Designerteile mit ihren günstigeren Basics kombinieren. "Sich von Kopf bis Fuß in Produkte eines einzigen Designers zu kleiden, das ist antiquiert", meint Michalsky. "Modische Kleidung heißt nicht, sich zu verkleiden wie bei einem Maskenball."

Die Zielgruppe für sein Luxuslabel ist durchaus da, meint Michalsky: "Die Geiz-ist-geil-Mentalität ist doch wieder vorbei. Den Leuten ist heute klar, dass manche Sachen eine Investition sind, andere nicht, dass manche neu sind und manche alt - und dass sie das selbstbewusst mischen. Das ist es, was Mode heute interessant macht."

Eine Kategorie wie Qualität findet er dabei alles andere als altmodisch. Für seine Kollektion setzt er auf Firmen mit Tradition: Die Hüte kommen aus einem kleinen Studio in Berlin, die Schuhe für "Michalsky" werden von der Manufaktur Ludwig Reiter aus Wien handgemacht, die immerhin seit 1885 existiert.

Michalsky sucht hier immer zunächst das Original: "Es gibt ja einen Grund, warum Sachen so aussehen, wie sie aussehen. Jeans zum Beispiel sind auch ein Funktionskleidungsstück gewesen, bevor sie von der Mode adaptiert wurden; ein Qualitätsprodukt mit 200 Jahren Geschichte. So ist das auch bei bestimmten Schuhen und bei bestimmten T-Shirts. Wenn man an die Quelle gehen kann, dann hat man eine Chance, mit einer besseren Version zu arbeiten als mit der Interpretation der Interpretation der Interpretation."

Spannende Mischung

Auch Berlin selbst verkörpert für Michalsky eine spannende Mischung aus Alt und Neu, aus Tradition und Innovation, und deshalb hat er sich hier niedergelassen. "Von hier aus sieht man den Hausvogteiplatz - da waren in den Zwanzigerjahren die großen Modehäuser", sagt er, und zeigt auf die großen Fenster seiner verglasten Loftetage. "Heute hat Deutschland keine Designkultur. In Großbritannien werden die 'Designer of the Year' in den Zeitungen gefeiert, in Frankreich gibt es Kunstorden für Designer, in Italien legt man großen Wert auf die Modeindustrie - da gibt es in Deutschland großen Nachholbedarf."

Mit seinem Luxuslabel hofft Michalsky deshalb in eine Marktlücke zu stoßen - "In London oder Mailand wäre ich einer von vielen gewesen", sagt er. Bei Adidas hat er gelernt, wie sinnvoll es ist, mit Product-Management zu arbeiten: mit genauen Analysen darüber, welche Zielgruppe was kaufen könnte. "Was ich mache, soll ja kommerziell sein - ich will, dass die Leute das auch anziehen. Ich glaube, dafür gibt es in Deutschland durchaus noch Platz." Und er will einer der Ersten sein, die beim Aufstieg Berlins zur Modestadt dabei sind. "Berlin hat eine einmalige Geschichte, es ist die einzige wirkliche Metropole in Deutschland, und es ist eine Stadt, die sich ständig verändert. In der Kunst ist die Stadt international auf der Weltkarte, alle guten Galerien kommen hierher - warum soll das nicht auch in der Mode so sein?"

So wird seine erste Kollektion eine Hommage an den Standort Berlin. Inspiriert ist sie von Anita Berber, einer berühmten Nackttänzerin der Zwanzigerjahre. "Das war die wildeste Frau der Weimarer Republik: Sie hat das gemacht, was Madonna oder Courtney Love heute machen", schwärmt Michalsky. Es wird Anzüge geben für sie und ihn, ein Crossover bei den Stoffen und Schnitten in der Herren- und Damenkollektion, das die typische Androgynität der Mode der Zwanzigerjahre zitiert - und von Anita Berber will er sich eine Portion Erotik leihen.

Eine Retro-Kollektion soll es dabei nicht sein: "Ich habe versucht, Punkte zu finden, wo man anknüpfen kann. Jedes Produkt funktioniert auch für sich selbst, weil es relativ schlicht ist", hofft Michael Michalsky. Wie und ob es wirklich funktioniert, darüber wird demnächst das Publikum entscheiden, wenn die Kollektionen Planet M und "Michalsky" in den Geschäften hängen. (Der Standard/rondo/26/01/2007)