Bezeichnenderweise ist die 36-jährige Kärntnerin erst die dritte Frau seit 1955, die sich im Feld der Chemie an der Grazer TU habilitierte. Zwar ist heute bereits die Hälfte aller Studierenden in diesem Fach weiblich, doch eine wissenschaftliche Karriere bleibt nach wie vor zumeist den Männern vorbehalten.
"Das hat einerseits mit der Familienplanung zu tun – ich persönlich hatte bislang keine Zeit dafür –, andererseits aber mit den immer noch herrschenden alten Traditionen." Zudem gebe es seit einigen Jahren für junge Forscherinnen und Forscher so gut wie keine Karrierechancen an der Universität. Auch wenn sie sich selbst nach wie vor mit befristeten Verträgen von Projekt zu Projekt durchschlagen muss, bemüht sie sich, den jungen Studentinnen ein Vorbild zu sein und doch die eine oder andere für die Wissenschaft zu begeistern. Am nötigen Enthusiasmus fehlt es ihr zumindest nicht.
Die Lust an Forschungsreisen in die Welt der Chemie erwachte bei Tanja Wrodnigg schon früh und wurde durch einige höchst erfolgreiche Teilnahmen an Chemie-Olympiaden und das Vorbild des älteren Bruders, der sich drei Jahre vor ihr für ein Chemie-Studium entschloss, weiter geschürt. Dass sie diese Begeisterung bis zur Habilitation bringen würde, "hat wohl auch mit einer Reihe glücklicher Zufälle zu tun", glaubt die Wissenschafterin. Da waren zunächst das Hertha-Firnberg- und das Schrödinger-Stipendium, und dann war auch noch eine halbe Stelle am Institut für Organische Chemie frei, die sie auch prompt bekommen hat. Reine Glückssache? Na ja. Wohl eher die klassische Erfolgsmischung aus Begabung, Begeisterung und einer ordentlichen Portion Fleiß und Konsequenz. Denn grundsätzlich gelte: "Wenn ich etwas mache, dann mit 120 Prozent!"
Warum sie sich ausgerechnet der Kohlenhydratchemie verschrieben hat? "Die hat mich von Anfang an am meisten interessiert. Vielleicht weil es da noch so viel zu entdecken gibt." Auch wenn sie sich in ihrer Arbeit der "untersten Ebene der Grundlagenforschung" verschrieben hat, spielt für Tanja Wrodnigg die Frage nach der praktischen Anwendbarkeit ihrer Erkenntnisse immer eine zentrale Rolle: "Was ich mit meinen Kollegen im Labor synthetisiere", so die Chemikerin, "soll auch für die medizinische oder biochemische Praxis relevant sein. Das ist für mich sehr motivierend."