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Wien – Das klassisch Britische an den Fratellis spiegelt sich in der Wochenendtauglichkeit ihres Debüts "Costello Music" wider. Der bedingungslose Wille zu tendenziell selbstbeschädigenden Freizeitvergnügungen zwischen dem ersten Freitagnachmittagszuprösterchen und dem Havariemenü irgendwann am Sonntagnachmittag, also das hart erkämpfte und ebenso hart ausgelebte Recht auf Party samt anschließendem Hammerwerfen in der Gedächtnishalle wird von den Fratellis allumfassend gefördert. Morgen, das ist was für Feiglinge und Pensionisten!

"Costello Music" (Vertrieb: Universal) hingegen ist der Lebensabschnittssoundtrack fürs Hier und Jetzt – und für das deshalb eventuell auch fehlende Kurzeitgedächtnis des vernachlässigten Morgens. Mitsingen, Abtanzen – all inclusive! Dazwischen schiebt das schottische Trio ein paar Songs ein, die Platz und Zeit für Selbstmitleid und den unerträglichen Weltschmerz zwischen zwei Pints einräumen.

Mit dieser oftmals schon erfolgreichen Rezeptur wurden die Fratellis in den letzten Monaten nicht nur zu den neuen Liebkindern der britischen Musikpresse. The Fratellis surfen damit recht unbeschwert auf einer Welle mit, die mit vergleichbaren Acts wie Franz Ferdinand oder den Libertines und den Abkömmlingen dieser längst schon wieder aufgelösten Band zur erfolgreichen Mode wurde.

Wobei Jon (Gitarre) und Mince Fratelli (Schlagzeug), falsche Brüder, benannt nach dem Mädchennamen der Mutter des Bassisten Barry Fratelli, sich natürlich gegen derlei Naheverhältnisse wehren. Auch mit Vergleichen zu vergangenen Größen des Glamrock wie T.Rex oder – leider zutreffender – Slade schlagen sich die Jungs herum. Dem Erfolg der drei schadet das nicht.

Wie auch? In Zeiten, in denen sich Popmusik mit großer Selbstverständlichkeit und nur wenigen Ausnahmen im Themenpark der eigenen Vergangenheit und Errungenschaften bedient und die Kurzweiligkeit des Geschäfts ohnehin noch einen zweiten Bildungsweg erlaubt, ist der Versuch, sich ein Stück vom Kuchen zu holen, mehr als nur zulässig.

Die zackigen, eingängigen Dreiminüter mit auch noch im fortgeschrittenen Stadium mitgrölbaren Refrains – "Bara bap bara ra ra bara bap bara ra ra ra" – wie im auch schon von der Werbung vereinnahmten Song "Flathead" lassen die Zielgruppe frohlocken. Die Botschaft der Fratellis an ihre Fans lautet: Wir sind eine große Familie – auch und gerade weil in dieser eine gewisse jugendliche Promiskuität und ein schon angedeuteter loser Umgang mit schluckbaren Lockermachern vorherrscht.

Dylan und die Beatles

Als Ideenstifter für die erst 2005 gegründete Band fungierten dabei weniger die als übliche Verdächtige einzustufenden Bad Boys des Brit-Pop der 1990er, also weder die angeblich vor einer Reunion stehenden Happy Mondays oder Oasis, sondern ganz klassisch Bob Dylan und die Beatles.

Die gute Nachricht: The Fratellis spielen am Samstag bei der Feier zum zwölfjährigen Bestehen des ORF-Radiosenders FM4 in der Wiener Arena. Die schlechte Nachricht: Wer bislang noch keine Karten hat, braucht sich auch nicht mehr darum bemühen. Das traditionelle openair ausgetragene Fest ist seit Mittwoch ausverkauft. Neben den Fratellis treten noch Jarvis Cocker, das Jeans Team, Sophia und andere mehr auf. (Karl Fluch / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.1.2007)