Wien - Die Seele Neapels kann man ab Donnerstag in einer Filmschau im Votivkino besser kennenlernen. In Zusammenarbeit mit dem Zusammenarbeit mit dem Liechtenstein Museum hat man die Reihe "Unter dem Vesuv" zusammengestellt, die die gleichnamige Ausstellung über Kunst und Künstler Neapels vom 17. bis zum 19. Jahrhundert filmisch begleitet.

Die Reihe (27.1. - 1.2.) zeigt die leidenschaftliche Beziehung der Menschen zur Stadt am Vesuv. Neapel, die Geheimnisvolle, die Gefährliche, so schön, dass uns – seit Goethe – ihr Anblick sterben lässt, steht dabei immer im Mittelpunkt.

Die Filmreihe mit Werken seit der Stummfilmzeit greift einerseits bekannte Neapel-Bilder auf, versucht andererseits aber auch, tradierte Klischeebilder durch aktuelle Arbeiten, Videokunst oder Dokumentarfilme zu hinterfragen.

Foto: © memphis film

"Unter dem Vesuv" präsentiert cineastische Meilensteine des Neorealismus wie Viaggio in Italia von Roberto Rossellini neben Komödien wie Ieri, oggi, domani [Foto] von Vittorio De Sica mit Sophia Loren und Marcello Mastroianni und spannt den Bogen vom Kino der Stummfilmzeit bis zu zeitgenössischen Spiel- und Dokumentarfilmen über neapolitanisches Leben. (red)
In Folge die Programmübersicht mit Kurzbeschreibung.

Foto: Österreichisches Filmmuseum

Samstag, 27.1.2007


12.00 Uhr Immer wieder Neapel Kurzfilmprogramm (87 min)

Napoli (F ca. 1920) / Excursion à la Grotte d’Azur (F 1910) / Neue Ausbrüche des Vesuvs (A 1936) Pompeji aus der Vogelschau (A 1936) / Der Vesuv raucht nicht mehr (A 1968) / Weltjournal 38/68-1 (s/w, 1 min 30 sec) / Naples revisitée par Ernest Pignon-Ernest (F/I 1988), R: Patrick Chaput, Laurence Drummond
Some Chance Operations (USA 1999), Konzept und Realisation: Renée Green

Dieses Programm, das einen Bogen vom frühen Kino bis zu zeitgenössischen Arbeiten spannt, widmet sich den vielfältigen Betrachtungsweisen, mit denen man sich der Stadt am Vesuv nähern kann: Vom touristischen Blick in den Travelogues des frühen Kinos, der mitunter als Fortsetzung barocker Stadtveduten gelesen werden kann, reicht das Programm bis zu Filmen, die sich fern der Klischees einer Befragung der künstlerischen und historischen Bedeutung dieser Stadt zuwenden.

Fotos: © Courtesy of the artist, Free Agent Media and Galerie Nagel, Köln

Samstag, 27.1.2007


19.00 Uhr Le mani sulla città
(I/F 1963, F. Rosi, 105 min)

Dort, wo der Recherchejournalismus an der mächtigen Baulobby und dem politischen Filz Neapels scheitert, verhilft der Filmemacher Rosi der Öffentlichkeit zu ihrem Recht. Der Spielfilm fungiert wie ein externer Ermittler und verleiht sich damit fast dokumentarischen Anspruch. Nach und nach legt er die Machenschaften offen, die dem korrupten Nottola (Rod Steiger) zu immer mehr Einfluss und Reichtum verhelfen. Seine mangelhaft gebauten und nachlässig kommissionierten Zinskasernen brechen deutlich rascher zusammen als sein verbrecherisches Imperium. Francesco Rosi, selbst Neapolitaner, erhielt für diesen Film den Goldenen Löwen von Venedig.

Foto: © Filmarchiv Austria

Samstag, 27.1.2007


21.00 Uhr
Cut and Paste Naples
(I 2006, S. D’Argenio, 5 min)

Der Film unterläuft herkömmliche Stereotypen Neapels, indem ihnen visuell begegnet wird. Jede Sequenz ist buchstäblich aus einem Neapel-inspirierten Film "herausgeschnitten" und danach "zusammengefügt", um so einige der tausend Gesichter dieser Stadt darzustellen.

Foto: © Sabino D’Argenio

Samstag, 27.1.2007


21.00 Uhr
Certi bambini
(I 2005, A. und A. Frazzi, 94 min)

Der elfjährige Rosario lebt bei seiner Großmutter in einem Vorort Neapels. Gemeinsam mit anderen Kindern treibt er sich zwischen Spielhallen und dubiosen Bars herum und geht Gelegenheitsdiebstählen nach.

"Auf dem Gesicht von Gianluca De Gennaro spiegelt sich kindliche Unschuld wider, die nach und nach durch einen unaufhaltsamen Prozess zerstört wird. Wir würden am liebsten wegschauen, aber wir können nicht, weil wir uns mitverantwortlich fühlen." (Corriere della Sera)

Foto: © Pequod

Sonntag, 28.1.2007
Töchter des Vesuvs – Frauen im neapolitanischen Stummfilm


Associazioni di suoni napoletani:
Live-Filmmusik von und mit Angélica Castelló, Olga Neuwirth und Burkhard Stangl. - Die Zwischentitel zu den Filmen werden von der Schauspielerin Katharina Scholz-Manker deutsch eingesprochen.

  • 15.00 Uhr Assunta Spina [Foto]
    (I 1915, F. Bertini und G. Serena, 73 min)

  • 17.00 Uhr À Santanotte
    (I 1922, E. Notari, 45 min)

  • 20.00 Uhr Napoli è una canzone
    (I 1927, E. Perego, 104 min)


  • Assunta Spina
    Die schöne Büglerin Assunta hat einen Verlobten, Michele, und einen Verehrer, Raffaele, der Michele einen anonymen Brief schickt, worin er Assunta der Untreue bezichtigt.

    À Santanotte
    Die schöne Nanninella arbeitet in einer Weinschenke am Lungomare. Zwei Männer werben um sie: Tore Spina und Carluccio.

    Napoli è una canzone
    Leda Gys, in einer ihrer besten Rollen, spielt eine tierliebende Neapolitanerin, die von der Kraft der Musik und der Allmacht des Gesangs überzeugt ist.

    Foto: © Archivio Fotografico Cineteca di Bologna

    Montag, 29.1.2007


    19.00 Uhr Zielen van Napels (Die Seele Neapels)
    (NL 2004, V. Monnikendam, 90 min)

    Hinter dem Glanz und Pomp vergangener Zeiten, als Neapel noch politisch und sozial von europaweiter Bedeutung war, findet sich ein anderes Neapel. Regisseur Vincent Monnikendam begibt sich mit der Kamera in Hinterhöfe und schmale Gassen, wohin sich weder Sonnenstrahlen noch Touristen verirren.

    Zentrales Motiv des Films ist das Gemälde Die sieben Werke der Barmherzigkeit (1607) von Caravaggio, dem Meister des Chiaroscuro, der kontrastreichen Hell-dunkel-Effekte. Inspiriert von seiner Technik und Bildsprache zeichnet der Film ein ungewöhnliches und beeindruckendes Bild einer zweieinhalbtausend-jährigen Stadt und seiner Bewohner.

    Fotos: © memphis film

    Montag, 29.1.2007


    21.00 Uhr Neapolitanische Geschwister (D/I 1978, W. Schroeter, 134 min)

    Eine Art Familienchronik, die zwischen 1943 und 1972 in und um einen armen Vorort Neapels spielt. Ein Bruder, Massimo, und seine Schwester, Vittoria, werden gleichzeitig (nicht nur wegen ihrer Namen) zu allegorischen und ironischen Figuren. Allegorisch deswegen, weil sie verbreitete soziale Phänomene verkörpern, wie etwa den Konflikt zwischen Politik und Religion innerhalb der häuslichen Strukturen.

    Fotos: © Österreichisches Filmmuseum

    Dienstag, 30.1.2007


  • 19.00 Uhr Oreste Pipolo, fotografo di matrimoni
    (I 1998, M. Garrone, 53 min)
    Luisa, au nom d’état
    (I/F 1999, L. di Costanzo, 54 min)

  • 21.00 Uhr Vento di terra [Foto]
    (I 2004, V. Marra, 90 min)


  • Oreste Pipolo, fotografo di matrimoni
    Ein Film über die Arbeit des Fotografen Oreste Pipolo. Und mehr noch, man erforscht ein Netz tiefer liegender Bedeutungen, da das Heiraten in Neapel eine szenische Repräsentation der Bedeutung der Familie an sich darstellt, die wiederum das Fundament der Gesellschaft ist.

    Luisa, au nom d’état
    Luisa Bossa wurde 1995 zur Bürgermeisterin der Stadt Ercolano in der Provinz Neapel gewählt. Sie versucht, den jahrzehntelangen Mafiamethoden im Rathaus nun mit der Durchsetzung rechtsstaatlicher Prinzipien ein Ende zu bereiten.

    Vento di terra
    Die Geschichte einer Familie aus Secondigliano, einem Arbeiterviertel von Neapel, zeigt, wie sich ein junger Mann nach dem Tod des Vaters seiner neuen Rolle als Familienoberhaupt stellt.

    Foto: © Stadtkino Wien

    Mittwoch, 31.1.2007


    19.00 Uhr Ieri, oggi, domani [Foto]
    (I 1963, V. De Sica, 115 min)

    Ein Klassiker des italienischen Episodenfilms, der die drei Städte Neapel, Mailand, Rom anhand dreier Frauenrollen vergleicht, die alle von (der Neapolitanerin) Sophia Loren gespielt werden. Ihr zur Seite der ebenso wandelbare und gleichzeitig unveränderliche Marcello Mastroianni als der italienische Macho schlechthin, dem Weibe jedoch ewig untertan.

    So vergnüglich, so amüsant, so italienisch, dass der Oscar 1964, für den besten ausländischen Film nicht ausbleiben konnte.

    Foto: © Österreichisches Filmmuseum

    Mittwoch, 31.1.2007


    21.00 Uhr

  • Neapolitan Mouse
    (USA 1953, W. Hanna & J. Barbera, 6 min)

  • Avanti!
    (USA 1972, B. Wilder, 144 min)
    Jack Lemmon spielt Wendell Armbruster Junior (what a name!), einen hektischen amerikanischen Businessman, der nach und nach zur Kenntnis nehmen muss, dass es eben italienische Art und Weisen gibt, wie man den Behördenweg erledigt, um schließlich die Leiche seines Vaters nach Amerika mitnehmen zu können. Billy Wilder wirbelt die Klischees über Italien und Amerika so lange durcheinander, bis aus zwei Welten eine heile wird.

  • Foto: © Österreichisches Filmmuseum

    Donnerstag, 1.2.2007


    19.00 Uhr

  • Wunder der Natur
    (A 1969, Austria Wochenschau 7/69-3, 52 sec)

  • Grazie e numeri
    (I 1962, L. di Gianni, 15 min)

  • Dreaming by Numbers
    (NL/I 2005, A. Bucchetti, 75 min)

    Grazie e numeri
    In spröden, poetischen Bildern gelingt es dem neapolitanischen Filmemacher Luigi di Gianni die bis heute gelebte vor-, außer- und neben-katholische Volksreligiosität darzustellen.

    Dreaming by Numbers
    In Neapel brauchen die Menschen viel Glück. Anna und Maria betreiben eine alte "ricevitoria", eine Art Lottoannahmestelle der besonderen Art. Die Kunden berichten von ihren Träumen und Erlebnissen und die beiden erstellen daraufhin persönliche Zahlenreihen, basierend auf dem italienischen Buch der Zahlen "Grimas", wo alles eine Nummer hat. Ein preisgekrönter Film über Menschen auf der Suche nach dem Glück, die Kraft der Zahlen und die Stadt Neapel voll Geschichte und Geschichten, kunstvoll in schwarz-weißen Bildern fotografiert.

  • Foto: © Salzgeber

    Donnerstag, 1.2.2007


    21.00 Uhr Viaggio in Italia
    (I 1954 (R. Rossellini, 85 min)

    Zwei in Kälte und Zerrissenheit gegeneinander gezeigte Eheleute geraten in Neapel in eine Prozession; sie kommen nicht weiter mit dem Auto, steigen aus...
    "Das ist ein Film, den ich sehr liebe. Es war mir sehr wichtig, Italien zu zeigen, Neapel, diese merkwürdige Atmosphäre, der sich ein sehr reales, sehr tiefes Gefühl beimischt: das Gefühl des ewigen Lebens. Das ist etwas, was vollständig aus der Welt verschwunden ist." (Roberto Rossellini)

    Foto: © Österreichisches Filmmuseum