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Berlin - Nach Meinung der britischen Klimawissenschafterin Jill Jäger muss sich die Tourismusindustrie in den Alpen mangels Schnee langfristig von Ski- auf reine Wellnessangebote umstellen. Die vom Menschen verursachte Erderwärmung werde den Alpenregionen voraussichtlich weitere warme Winter bringen, sagte die Umweltwissenschafterin am Montag bei einer Buchvorstellung in Berlin.

"Langfristig gesehen wird man in den Alpen nicht mehr Ski fahren können", ergänzte sie. Der Tourismus müsse sich dieser Entwicklung zwangsläufig anpassen.

Die Investitionen der Alpenregionen in Schneekanonen seien auf längere Sicht kein hilfreiches Konzept, betonte Jäger. "Es ist in diesem Winter so warm, dass auch Schneekanonen nichts mehr nutzen", ergänzte sie. Der Energie- und Wasserverbrauch der Geräte sei selbst bei ausreichend kühlen Temperaturen nicht wirtschaftlich. Es könne auf Dauer auch keine Lösung sein, dass beispielsweise für ein Skirennen in Kitzbühel Ende Jänner 4.000 Kubikmeter Schnee vom Großglockner mit Lastwagen herangefahren würden.

Den Alpen wird es nichts mehr nützen

"Die Alpenregionen bekommen heute die Folgen des Ausstoßes von Treibhausgasen aus den sechziger und siebziger Jahren zu spüren", erläuterte Jäger. Selbst wenn es heute gelänge, die Emissionen in Europa stark zu senken, würde das den Schneefall dort nicht begünstigen. "Den Alpen wird das nichts mehr nutzen", sagte die Forscherin.

Die promovierte Umweltwissenschafterin Jäger (57) arbeitete sieben Jahre am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie. Zur Zeit forscht sie für das Europäische Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (Sustainable Europe Research Institute) in Wien. Anfang Jänner ist ihr Buch "Was verträgt unsere Erde noch? Wege in die Nachhaltigkeit" im Fischer-Taschenbuchverlag erschienen. Die neue Umwelt-Reihe von zwölf Büchern, die von zwei Stiftungen und einer Akademie mit getragen wird, soll Anfang 2008 komplett sein und sich allgemein verständlich formuliert an eine Laien-Leserschaft richten.

Ausweg aus der Klima-Krise

Jäger appelliert als Ausweg aus der Klima-Krise sowohl an die politische Verantwortung der Industrienationen als auch an die Möglichkeiten jedes einzelnen Bürgers. "Das fängt dabei an, elektronische Geräte nicht auf stand-by-Funktionen zu lassen", sagte sie. Wenn sinnvolle Energienutzung und Investitionen in erneuerbare Energien in den Industriestaaten zusammenkämen, ließe sich die Erderwärmung in zehn bis 20 Jahren möglicherweise aufhalten. Seit im Herbst 2006 die weit reichenden ökonomischen Folgen der Klimaveränderung verdeutlicht wurden, hofft Jäger auf ein schnelleres Umdenken in Politik, Wirtschaft und Bevölkerung. (APA/dpa)