Lernen in Bits und Bytes: 700 Aussteller waren auf der BETT 2007, die mit heute, Samstag, zu Ende geht, in der Londoner Messehalle Olympia vertreten.

Foto: Standard/BETT
"Verwendet ihr wirklich noch Papier in der Schule?", meinte eine BETT-Ausstellerin überspitzt, die nicht glauben wollte, dass Österreich keine "Whiteboards" habe.

Dabei sei die elektronische Adaption der Schultafel in England nicht mehr wegzudenken. "Die meisten Volksschulen haben riesige Touchscreens im Klassenzimmer", will Richard Stebbing, Marketingchef des neuen Bildungsmagazins Primary Choice, wissen.

Staatliche Förderungen stecken dahinter, heißt es; die verblüffend hohe Präsenz dieser Geräte bei der Londoner Messe für neue Lerntechnologien trägt dem Rechnung.

So berichtet Giselle Goncalves, Product Manager der kanadischen Smart Technologies, vom Erfolg der hauseigenen "Smartboards". 60 Prozent Marktanteil weltweit habe man mit dem Produkt inne, das sind bislang 450.000 verkaufte Touchscreens für den Unterricht, mit einer Mindestdiagonale von 48 Zoll. Zudem gibt es einen Projektorarm, der - kopfüber auf das Whiteboard montiert - Infos vom externen PC einblendet. Diese können mittels passender Software direkt auf der Tafel bearbeitet werden, inklusive laufender Speicherung aller Veränderungen, sodass alle Lern- und Argumentationsvorgänge später nachvollziehbar bleiben.

Jeff Crapo von Pointe Cast in Utah präsentierte ein Programm, mit dem kinderleicht Flashanimationen - und damit E-Learning-Einheiten - aus Power-Point-Präsentationen hergestellt werden können. Dies je nach Vorliebe mit stimmlicher oder musikalischer Begleitung der automatisch ablaufenden Informationsschau. Der Sinn leuchtet ein, wenn man überlegt, wie verbreitet Powerpoint ist - und wer im Gegensatz dazu eine Ahnung von Flashprogrammierung hat. In den USA sei die Software "vor allem an Unis im Einsatz" sowie in der internen Fortbildung vieler Unternehmen. Als Nebeneffekt ergeben sich Speichervorteile: "Ein Powerpoint-File mit 20 Megabyte hat als Flash, je nachdem, vielleicht nur mehr drei Megabyte", so Crapo.

Jugendliche und Senioren gleichermaßen soll "The Write Kit" zum Lernen animieren. "Creative Writing" heißt das Schlagwort für die Entwickler von 186Media in Manchester - eine Sparte, die vor allem mit Schreibseminaren in den USA, seit einigen Jahren auch in Mitteleuropa, in Verbindung gebracht wird. Was diese meist im Klassenformat behandeln, funktioniert hier virtuell, und sei für den Werbetexter genau so einsetzbar wie für den Romanautor. Declan Healey, Koentwickler der Software, verweist auf die aktive Beteiligung des britischen Romanciers Michael Symmons Roberts.

Das wenige Monate alte Produkt sei durchaus ein Renner: In 25er-Packungen an Schulen und andere Institutionen ausgeliefert, seien bislang 200 Schachteln im Vereinigten Königreich über den Ladentisch gegangen.

"Digital Natives"

Überhaupt: Kreativität - ein weiteres Zauberwort der mit nahezu 700 Ausstellern für Normalsterbliche kaum zu bewältigenden BETT 2007, die, am Mittwoch gestartet, ihre Pforten bis heute, Samstag, geöffnet hat. So lässt sich auch die Message des Computergiganten Apple dahingehend komprimieren, dass "der Fokus unserer Bestrebungen im Kreativen liegt, und nicht in der Technik".

Der Vizepräsident der Apple-Bildungsagenden und Steve Jobs-Intimus John Couch erinnerte sich im kleinen Kreis mit Journalisten an einen Denkanstoß, den er seinem Boss einst gab: "Weißt du, Steve, die heutigen Kids wachsen in einer digitalen Welt auf - und dann geht's ab in die Schule." Dort sei der blutjunge IT-Geist oft verendet, bis vor wenigen Jahren der E-Learning-Boom einsetzte. Podcasts, die jeder mittels iLife und anderer Software multimedial selbst produzieren könne, seien wunderbare Instrumente, mit denen Lehrer etwa eine persönliche und mit dem Lehrplan abgestimmte Museumsführung zusammenstellen könnten. Und diese, den Schülern ins Ohr gestöpselt, interessiere sicherlich auch die größten Geschichts- und Kunstmuffel - schließlich sei dies die Sprache der "Digital Natives".

Dass diese "Eingeborenen" der neuen Technologien nach Vorstellung der Hard- und Software-Entwickler immer jünger werden, ist Fakt. So verspricht das Computerprogramm "beep! beep!" von Q & D Multimedia unter anderem das spielerische Erlernen des Alphabets in Spiel- und Kindergartengruppen - und findet sich mit Fokussierung auf diese Altersgruppe in üppiger Gesellschaft.

Weiters lässt sich festhalten, dass künftige Lerntechnologien noch weiter auf die Verlagerung vom selber Lesen hin zum vorlesen lassen, vorspielen und simulieren hinarbeiten - egal, welchen Alters die Zielgruppe ist. (Bernhard Madlener/DER STANDARD Printausgabe, 13./14. Jänner 2007)