Wenn die Kommission kommt: So wie hier im Polizeigefangenenhaus Wien könnten laut Regierungsprogramm bald auch in Psychiatrien, Strafanstalten und Pflegeheimen Menschenrechtskontrollen stattfinden.

Foto: Standard/Andy Urban
Der Menschenrechtsbeirat soll zum Volksanwalt übersiedeln - und Aufgaben dazu bekommen.

***

Wien - Manfred Nowak, Leiter des Ludwig Boltzmann-Instituts für Menschenrechte, sieht Chancen für einen "großen Wurf". Auf Grundlage des rot-schwarzen Regierungsprogramms, das die Umsiedlung des Menschenrechtsbeirats (siehe "Wissen") aus dem Innenministerium in die Volksanwaltschaft vorsieht, bestehe die Möglichkeit, "eine gemeinsame Besuchs- und Kontrollinstanz für alle Orte in Österreich zu schaffen, wo Personen die Freiheit entzogen wird", erläutert er.

Kontrolliert, um Formen von Folter oder unmenschlicher Behandlung zu verhindern, würden dann Gefängnisse, psychiatrische Abteilungen, Pflege- und Altenheimen ebenso wie Schubhaftzentren und andere Wegsperreinrichtungen der Polizei, zu denen die regionalen Kommissionen des Menschenrechtsbeirats schon jetzt uneingeschränkt Zutritt haben.

Diese Kompetenzausweitung - so Nowak - entspreche dem Zusatzprotokoll zur UNO-Folterkonvention OPCAT (siehe "Wissen") und somit internationalem Recht, das auch Österreich verbindlich umzusetzen habe: "Immerhin hat sich Österreich neben der Schweiz in der UNO für das OPCAT-Protoll besonders stark gemacht."

Laut Regierungsprogramm ist geplant, "die Aufgaben des Menschenrechtsbeirats, der in seiner eigenständigen Arbeitsweise erhalten werden soll" zusammen mit den zusätzlichen Aufgaben, die dem OPCAT-Protokoll entsprechen, "bei der Volksanwaltschaft anzusiedeln". Für Menschenrechtsbeiratsvorsitzenden Erwin Felzmann ist das "eine gute Idee" - auch weil "auf diese Art die politische Unabhängigkeit der Institution gestärkt werden kann".

Bisher schiefe Optik

Bisher nämlich sei der Umstand, dass der Beirat im Innenministerium - und somit in jener Institution, deren Arbeit er kontrollieren soll - angesiedelt ist, international verschiedentlich "bemängelt" worden: "Die Optik, dass der Innenminister die Beiratsmitglieder bestellt und dass er das Budget verwaltet, war nicht die beste - auch wenn wir in der Praxis damit nie Schwierigkeiten hatten", betont Felzmann. Den umfangreichen neuen Aufgaben sieht er "zuversichtlich" entgegen, während Volksanwältin Rosemarie Bauer - früher ÖVP-Nationalratsabgeordnete - die Begeisterung bremst: "Die Feinabstimmungen fehlen noch".

Die Übersiedlung zu den Volksanwälten kommt auch dem Rechtsanwalt und Leiter einer Besuchskommission des derzeitigen Beirats, Georg Bürstmayr, "anstrebenswert" vor. Doch "die Sache steht oder fällt mit der Frage, wie die Mitglieder einer neuen Menschenrechtskommission bestellt werden sollen". Volksanwälte könnten durch das Parlament derzeit nicht nicht abberufen werden: "Das muss das per Verfassungsmehrheit geändert werden". Auch diese Änderung steht als Plan im Regierungsprogramm. (Irene Brickner, DER STANDARD - Printausgabe, 12. Jänner 2007)