Geschlechterpolitik
Rita Süssmuth
Ein unbequemer Geist in der CDU
Berlin - Rita Süssmuth (63) hat in ihrer politischen Karriere immer wieder die Gemüter erhitzt. Die CDU-Politikerin tanze zu
häufig aus der Reihe und spalte das eigene Lager, lautete der Vorwurf von Parteifreunden. Doch auch Gegner bescheinigen der früheren
Bundestagspräsidentin, die in einer Blitzkarriere in das protokollarisch zweithöchste Staatsamt aufgestiegen war, trotz aller Vorbehalte
Standfestigkeit.
Die braucht die Professorin für Erziehungswissenschaften auch. Noch ehe die Berufung Süssmuths zur Vorsitzenden der von der
Bundesregierung geplanten Einwanderungskommission überhaupt offiziell bestätigt wurde, regte sich in der CDU bereits Widerstand. Vor
kurzem wurde ihr sogar von Unionspolitikern nahe gelegt, aus der Partei auszutreten.
Streitbare Positionen
Zum Ärger der Union hatte Süssmuth auch als Parlamentschefin und Vorsitzende der CDU-Frauen-Union immer wieder streitbare Positionen
bezogen. In der Außenpolitik drängte sie auf Anerkennung der polnischen Westgrenze. Sie plädierte für eine Legalisierung von
gleichgeschlechtlichen Beziehungen und ein liberales Abtreibungsrecht. Als einzige führende Politikerin votierte sie bei der
Hauptstadt-Abstimmung für Bonn.
Unkonventionelles Handeln trugen der politischen Seiteneinsteigerin, die 1981 der CDU beitrat und schon vier Jahre später Ministerin für
Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit in Bonn wurde, in der Öffentlichkeit Sympathie und Zuneigung ein. In Umfragen kam "Lovely Rita",
die von 1988 bis 1998 Parlamentspräsidentin war, regelmäßig auf Spitzenwerte. Süssmuth ist mit dem Historiker Hans Süssmuth verheiratet
und hat eine erwachsene Tochter. (APA)