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Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs müssen sie auch noch eine Reihe anderer Steueropfer für den maroden Haushalt bringen, denn der Staat braucht das Geld, erklärt Finanzminister Peer Steinbrück.

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Berlin – Um 2,5 Prozent soll die deutsche Wirtschaft dieses Jahr wachsen, die Steuereinnahmen sprudeln wie seit der Wiedervereinigung 1990 nicht mehr, sogar Brüssel ist zufrieden, weil Berlin nach vier Jahren endlich beim Budget wieder die Maastricht-Kriterien einhält. Doch all die guten Nachrichten ändern nichts daran: 2007 kommen auf die Deutschen viele finanziellen Einbußen zu.

Strukturelles Defizit

"Wir haben immer noch ein strukturelles Defizit. Der Staat braucht das Geld", erklärt Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), warum der Gürtel weiterhin enger geschnallt werden muss. Das bedeutet: Zu viele seiner Steuereinnahmen muss der Staat ausgeben, um Kredite abzubezahlen und den klammen Pensionskassen aus der Finanzpatsche zu helfen. Dass die von der großen Koalition beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer die wirtschaftliche Erholung abwürgen könnte, glaubt Steinbrück nicht: "Der Aufschwung ist robust." Es werde daher 2007 nur einen Dämpfer für die Konjunktur geben. Er und Bundeskanzlerin Angela Merkel haben aber versprochen, dass 2007 keine weiteren Belastungen auf die Deutschen zukommen würden, als die ohnehin schon bekannten.

Steinbrück denkt aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage schon daran, die Neuverschuldung des Bundes stärker zu senken, als bisher vorgesehen. Zahlen will er aber noch nicht nennen. In der CDU meinen Finanzexperten jedoch, man könnte bis 2010 einen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen. Politiker, Wirtschaftsexperten und vor allem der Handel warten nun jedenfalls gespannt auf den 2.Jänner und darauf, wie sich die höhere Mehrwertsteuer auf das Konsumverhalten der Deutschen auswirken wird.

Stille Preiserhöhung

Den großen Preisschock erwartet allerdings niemand. Viele Unternehmen haben schon in aller Stille ihre Preise im Laufe des Jahres 2006 erhöht und werben nun sogar damit, dass bei ihnen trotz der Mehrwertsteuererhöhung nichts teurer wird. Zwar ist die dreiprozentige Erhöhung für viele Händler nicht leicht zu verkraften, doch der Hauptverband des Einzelhandels (HDE) beruhigt: Kaum ein Händler könne es sich leisten, die drei Prozent voll an die Kunden weiterzugeben.

Vielmehr rechnet der HDE mit einer Drittelung der erhöhten Kosten: Ein Drittel der höheren Mehrwertsteuer wird sich im höheren Preis niederschlagen, den die Verbraucher bezahlen müssen. Das zweite Drittel werden die Lieferanten tragen müssen, ein weiteres Drittel müsse der Handel selbst übernehmen – etwa durch geringere Gewinnmargen. Unklar ist allerdings, wie sich die "gefühlte Inflation" auswirken wird. Bei der Euro-Einführung hatten viele Bürger das Gefühl vom „Teuro“ und verweigerten eine Zeit lang den privaten Konsum, obwohl Statistiker immer wieder vorrechneten, dass der Teuerungseffekt nur ein paar Zehntel ausmachte.

Mehr Geld für Eltern

Deutliche Verbesserungen gibt es ab 2007 für Eltern. Das Erziehungsgeld (ein Jahr lang maximal 450 Euro pro Monat) wird durch das Elterngeld abgelöst. Nach skandinavischem Vorbild wird das Elterngeld als Lohnersatzleistung ausbezahlt. Jener Elternteil, der beim Kind bleibt, bekommt für maximal zwölf Monate 67 Prozent seines letzten Nettogehalts – mindestens 300 Euro pro Monat, maximal 1800 Euro monatlich. Betreut danach auch der andere Partner das Kind noch zwei Monate, wird das Elterngeld 14 Monate ausbezahlt. So will die Regierung auch Väter dazu anhalten, in Karenz zu gehen. Es macht für viele Familien also einen deutlichen Unterschied, ob ihr Kind noch in den letzten Dezember-Tagen 2006 geboren wird oder erst 2007. Ärzte und Hebammen warnen jedoch seit Wochen davor, eine Geburt durch Wehenhemmer ins neue Jahr hinauszuzögern.

Was sich noch ändert

Arbeitszimmer: Ab 1.Jänner bekommen nur noch Selbstständige, die ausschließlich von daheim aus arbeiten, einen Teil der Kosten für das häusliche Büro erstattet. Wer nur einen Teil seiner Arbeit zu Hause erledigt (etwa Lehrer) geht leer aus.

Biokraftstoffe: Die Steuerbegünstigung für Biokraftstoffe wurde schon seit August schrittweise verringert. Bis Ende 2007 sind für reinen Biodiesel noch neun Cent Steuern fällig, danach steigt die Steuer jährlich zunächst auf 15, dann auf 21, 27 und 33 Cent bis 2012 der volle Steuersatz von derzeit 45 Cent pro Liter fällig ist.

Krankenkassen: Die Gesundheitsreform soll am 1. April 2007 in Kraft treten, doch schon jetzt zum Jahresende haben viele große gesetzliche Krankenkassen (AOK, Barmer, DAK) angekündigt, die Beitragssätze anzuheben. Ihre Begründung: Permanente Kostensteigerungen, die höhere Mehrwertsteuer, weniger Zuschüsse vom Staat. Die Allgemeine Ortskrankenkasse Berlin (AOK) hebt ihren Beitrag beispielsweise von 14,6 auf 15,8 Prozent an.

Mehrwertsteuer: 1992 lag die Mehrwertsteuer in Deutschland noch bei 14 Prozent. 1993 stieg sie dann auf 15 Prozent, 1998 auf 16 Prozent. Die Erhöhung am 1. Jänner auf 19 Prozent ist die größte _Steuererhöhung, die es in Deutschland je gab. Der ermäßigte Satz für Lebensmittel, Nahverkehrstickets, Bücher und Zeitungen bleibt weiterhin bei sieben Prozent.

Pendlerpauschale: Bisher konnten Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch eine Entfernungspauschale von 30 Cent pro Kilometer als Werbungskosten steuerlich abgesetzt werden. Ab 2007 gilt die Pendlerpauschale erst ab dem 21. Kilometer.

Pensionsbeitrag: Steigt von 19,5 auf 19,9 Prozent.

Reichensteuer: Ab einem Jahreseinkommen von 250.000 Euro (bei Ehepaaren 500.000 Euro) greift ab 2007 die so genannte dreiprozentige Reichensteuer. Für die Betroffenen steigt der Spitzensteuersatz von 42 auf 45 Prozent. Von dieser neuen Steuer sind rund 60.000 Deutsche betroffen. Sparerfreibetrag: Der Sparerfreibetrag für Ledige sinkt von 1370 auf 750 Euro, der für Verheiratete von 2740 auf 1500 Euro. (bau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.12.2006)