Solarisierte Bilder von Bärlauchblättern: Mit Photoakustik bleibt dem Betrachter noch weniger verborgen.

Foto: Klaus Fritsch
Die Radiologie gilt in der Medizin als jenes Fachgebiet, das am stärksten expandiert und in den letzten beiden Jahrzehnten am meisten zur Weiterentwicklung der Medizin beigetragen hat. Längst sind die bildgebenden Verfahren nicht mehr auf die bloße Unterstützung der Diagnostik beschränkt. Im Gegenteil: Die interventionelle Radiologie mit ihren minimalinvasiven Kathetereingriffen - beispielsweise zur Öffnung verschlossener Blutgefäße - ist zunehmend dabei, der herkömmlichen Gefäßchirurgie den Rang abzulaufen.

Phasen des Herzzyklus

Seit vergangenem November ist an der Universitätsklinik für Radiodiagnostik am AKH Wien der weltweit leistungsfähigste Computertomograf (Philips Brilliance 64-Zeilen) im Einsatz. Das Gerät ermöglicht die Darstellung sämtlicher Phasen des Herzzyklus und einen tiefen Einblick in die Kranzarterien, die Herzklappen sowie die feinsten und entlegensten Äste der Körperschlagadern.

Ganzkörperscan

In nur zwanzig Sekunden kann der Computertomograf die gesamte Anatomie eines Patienten in einem Ganzkörperscan darstellen, der sich aus rund 3500 Schichten zusammenfügt. "Durch die extrem kurze Untersuchungszeit ist der Patient noch weniger als bisher Röntgenstrahlen ausgesetzt", nennt AKH-Direktor Reinhard Krepler einen weiteren Grund für den Erwerb.

Alternativen gesucht

In den Kompetenzzentren und Forschungslabors wird jedoch längst an einer Weiterentwicklung dieser Technologie gearbeitet, die ionisierende Strahlung irgendwann durch ungefährliche Alternativen ersetzen soll. Seit fünf Jahren läuft etwa im Gebäude der Upper Austrian Research (UAR) am Linzer Hafen Grundlagenforschung zur berührungslosen Sensorik mit spezieller Ausrichtung auf die rasche industrielle Umsetzung.

Weit gehend gelungen ist dies bereits in der Infrarot-Spektroskopie, wo bereits das erste Spin-off-Unternehmen gegründet wurde und bereits Lizenzgebühren zurückfließen. Dabei handelt es sich um eine zerstörungsfreie Messmethode zur Inline-Prozesskontrolle und Qualitätssicherung.

Optische Kohärenztomografie

Ähnlich weit fortgeschritten ist die optische Kohärenztomografie, mit der es möglich ist, mittels Licht die innere Struktur von Materialien darzustellen. "Wir können damit beispielsweise die Schichten und Schweißnähte von Lebensmittelfolien auf Schwachstellen testen", erklärt die Physikerin Karin Wiesauer, "ebenso wie die Verteilung der Keramikpartikel in Laminatböden oder die Spannungszustände im Inneren von Spritzgussteilen."

Wie fließend die Grenzen zwischen den Disziplinen verlaufen, zeigt die Tatsache, dass dieselbe Technik bereits in Augenkliniken zur Erkennung von Netzhauterkrankungen am Patienten eingesetzt wird.

Medizinischer Photoakustikbereich

Ausschließlich auf Medizintechnik orientiert ist der Photoakustik-Bereich des Linzer Kompetenzzentrums. Hier stehen die Wissenschafter aber noch ziemlich am Anfang. "Als erste biologische Proben haben wir kürzlich Weintrauben untersucht, die wir auf Nadeln aufspießten", sagt UAR-Bereichsleiter Peter Burgholzer. "Wir wollten testen, wie deutlich man die Kerne sieht." Die Weintrauben wurden mit einem Infrarot-Laser beschossen und um einen akustischen Detektor rundherum geführt, das Ergebnis danach - ähnlich wie beim CT - über Rekonstruktionsrechnungen optisch umgesetzt.

Netzwerk geknüpft

Die in der weiteren Folge geplanten Schritte von der Weintraube zum Menschen verlaufen über Zebrafisch und Mäuse, Projekte, die demnächst in Kooperation mit den Universitäten Graz und Innsbruck, sowie dem Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) in Wien angegangen werden. "Wir selber sind im biologischen Bereich noch recht unerfahren und erwarten uns viel von diesem Forschungsnetzwerk ", sagt dazu Burgholzer.

Weg von der Strahlenbelastung

Im Endeffekt soll über Photoakustik die Abkehr von der Strahlenbelastung in der Radiologie, zum Beispiel in der Mammographie, gelingen. Derzeit funktioniert ja die Computertomografie über ionisierende Strahlung, die selbst gesundheitliche Probleme verursachen kann. Die Linzer hingegen verwenden völlig unbedenkliche Lichtimpulse.

Bessere Aussagekraft

Ein weiterer Vorteil der Photoakustik ist wohl die bessere Aussagekraft der Bilder. "Im Röntgenbereich ist der Kontrast zwischen karzinogenem und gesundem Gewebe nur recht schwach sichtbar", sagt Burgholzer.Ursache dafür sei die recht ähnliche akustische Impetanz der einzelnen Gewebetypen. Die Schallgeschwindigkeiten sind demnach etwa gleich hoch, was einen geringen Kontrast ergibt.

In der Photoakustik wird hingegen ein Lichtimpuls zur Anregung genommen und dadurch eine Schallwelle erzeugt, die man konkret messen kann.

"Die optische Aufnahme durch Infrarot oder Mikrowellenstrahlung ist sehr unterschiedlich, so dass man ganz klar die Umrisse eines Blutgefäßes oder von Fettgewebe erkennt", erklärt Burgholzer. Fazit: "Photoakustik verbindet also die Vorteile von Ultraschall mit hochauflösender optischer Tomografie." (Bert Ehgartner/FORSCHUNG SPEZIAL/27.12.2006)