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Ein Scheitern der Koalitionsverhandlungen wird unwahrscheinlicher. Mit der Einigung im Sozialbereich ist eines der explosivsten Themen vom Tisch. Bestenfalls die Eurofighter-Frage, die Steuerreform und die Studiengebühren taugen jetzt noch für ein Sprengen der Verhandlungen, will man das Projekt nicht an Kleinigkeiten oder der Ressortaufteilung scheitern lassen. Ansonsten blieben nach dem ersten Durchgang der Gespräche an ein wenig größeren Themen vorerst nur das Wahlrechtspaket und der Modus zur Flexibilisierung des Kindergelds offen.

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Auf der Habenseite verfügen die Koalitionsverhandler in erster Linie über das Sozialpaket, wenngleich Kosten und Verantwortung dafür zu großen Teilen anderen umgehängt wurden. Gemäß dem derzeit vorliegenden Mindestsicherungsmodell von 726 Euro im Vollausbau würden die Länder ordentlich zur Kasse gebeten. Und beim Generalkollektivvertrag über 1.000 Euro Mindestlohn sind in erster Linie die Sozialpartner und dabei speziell die Dienstgeber gefordert.

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Dafür können sich die Selbstständigen über eine Einbeziehung in die Arbeitslosenversicherung und die Mitarbeitervorsorge (= Abfertigung neu) freuen. Zudem wird dem Wunsch der Wirtschaft nach einer weiteren Flexibilisierung der Arbeitszeit Rechnung getragen. Für Arbeitnehmer günstig: Freie Dienstnehmer sollen vollen Sozialversicherungsschutz erhalten.

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Verständigt hat man sich beim "Nichtraucherschutz". Künftig soll in Lokalen nur noch in abgetrennten Räumlichkeiten geraucht werden dürfen. Im Gesundheitsbereich soll für chronisch Kranke eine maximale Rezeptgebühr, die je nach Vorstellung bei 150 Euro (SPÖ) bzw. 250 Euro (ÖVP) jährlich liegen soll, eingeführt werden.

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Einig ist man in der potenziellen großen Koalition auch in Sachen Verwaltungs- und Verfassungsreform. Festgelegt wurde, dass bis Mitte nächsten Jahres eine große Verfassungsnovelle, nicht aber eine neue Verfassung an sich ausgearbeitet werden soll. Die Causa Ortstafeln wollen SPÖ und ÖVP mit einer Verfassungsbestimmung regeln. Die Verwaltungsreform soll u.a. die Straffung der Schul-Verwaltung durch die Schaffung eine Landesschuldirektion pro Bundesland bringen.

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Keine offenen Fragen gibt es im Bereich ländlicher Raum und Umwelt, wo unter anderem die Errichtung eines mit 500 Millionen Euro dotierten Energie- und Klimaschutzfonds vereinbart wurde. Im Bereich innere Sicherheit gibt es zwar wenig Konkretes, aber auch wenig Trennendes. Bei der Justiz ist man sich in einer Reihe von Kleinigkeiten einig, etwa der Verbesserung der Auswahl von Laienrichtern oder einem verstärkten Fokus auf den Schadensersatz beim Opferschutz, allerdings fehlen der Konsens beim von der SPÖ geforderten weisungsfreien Bundes-Staatsanwalt, der gemeinsamen Obsorge und bei der von den Sozialdemokraten propagierten eingetragenen Partnerschaft, die für Homosexuelle offen stehen soll.

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Beim Familienthema tun sich Rot und Schwarz traditionell schwer, auf einen grünen Zweig zu kommen. Das ist auch diesmal so. Streitpunkt ist vor allem das Kindergeld, wo einzig das Ziel einer kostenneutralen Flexibilisierung außer Streit steht. Die SPÖ will, dass die Leistung künftig auch kürzer und dafür entsprechend höher ausgeschüttet werden kann. Aus Sicht der ÖVP ist das nicht leistbar. Die Volkspartei möchte lediglich die Zuverdienstgrenze aufheben und auch das nur, wenn das Kindergeld statt 30 (+6 Monaten) nur 15 (+3 Monate) bezogen wird.

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Auch ein anderes jahrelanges Streitthema der Großparteien liegt vorerst ungelöst am Tisch. Die Abschaffung der Studiengebühren ist von der SPÖ wieder zum Kernthema erklärt worden, nachdem einzelne Mandatare zunächst bereits Absetzbewegungen gezeigt hatten. Bei der Gesamtschule ist man zwar noch nicht einig, allerdings zeichnet sich hier ein Kompromiss mit einer stärkeren Differenzierung in der AHS-Unterstufe ab.

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Ebenfalls seit Jahren Zankapfel ist die Briefwahl, für die die ÖVP verbissen kämpft. Und ebenso beständig junktimiert die SPÖ diese Frage mit Wählen mit 16 auf allen Ebenen, was wiederum von der Volkspartei abgelehnt wird. Auch das wird zum Fall für die letzten beiden Verhandlungsrunden am 29. Dezember bzw. 8. Jänner und ein allfälliges Vier-Augen-Gespräch der Parteichefs Wolfgang Schüssel und Alfred Gusenbauer.

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Dort wird auch der Eurofighter nicht fehlen. Die SPÖ hat ihre Haltung, wonach das Ziel ein möglichst kostengünstiger Ausstieg ist, noch nicht aufgegeben. Eine endgültige Entscheidung will man ohnehin erst, wenn der U-Ausschuss zu den Eurofightern fertig getagt hat. Für die ÖVP ist dies nicht akzeptabel, eine Entscheidung müsse jetzt her, hieß es bisher von Schüssel abwärts.

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Eher unbeachtet blieb das früher so strittige Thema Privatisierungen. Einig ist man bezüglich der künftigen Strategie freilich weiter nicht. Offen sind Fragen wie der SPÖ-Wunsch nach einer Auffanggesellschaft für insolvente Betriebe und eine weitere Reduktion des staatlichen Anteils z.B. bei der OMV. Als echter Knackpunkt gelten die Privatisierungen aber nicht.

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Bisher überhaupt kein Thema in den Koalitionsverhandlungen ist seltsamerweise die eigentlich von beiden Seiten im Wahlkampf propagierte Steuerreform. Entsprechende Entlastungen waren in keiner der großen Runden auf der Agenda. Konfliktpotenzial gibt es vor allem beim ÖVP-Verlangen nach Abschaffung der Schenkungs- und Erbschaftssteuer sowie bei der SPÖ-Forderung nach einem Aus für die Gruppenbesteuerung. Das Nein der Volkspartei zu einer Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung hat die SPÖ vorerst ein wenig ratlos zurückgelassen, daran zerbrechen werden die Verhandlungen aber sicher nicht.

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Von den Finanzen ist es nicht weit zu den Personalia, die angeblich erst ganz am Ende der Gespräche stehen. Am Umstrittensten ist vermutlich das Finanzministerium, auf das beide Parteien Anspruch erheben. Wer das Finanzressort erhält, wird dafür wohl das Innenministerium opfern müssen. Das Sozialministerium wird an die SPÖ gehen, Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium an die ÖVP, der Rest ist Verschubmasse. (APA)

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