Und dazu noch die Qualität der Bestleistungen verglichen. Die Basisdaten, mit denen Einmahl und sein Kollege Jan Magnus ihre Computer fütterten, waren die Bestleistungen von 1.546 Leichtathleten und 1.024 Leichtathletinnen.
"Das ist eine sehr seriöse Studie, die Extremwert-Theorie als Teilgebiet der Mathematik und Statistik eine anerkannte Wissenschaft. Wir haben die Leichtathletik-Weltrekorde analysiert, weil auch der Sport von gesellschaftlichem Interesse ist", erklärte Einmahl. Der 49-jährige Niederländer betrat mit dem Sport Neuland. Zuvor hatte der Mathematiker beispielsweise extreme Aktienkurse, die notwendige Höhe von Deichen im Falle von Sturmfluten oder im Auftrag von Versicherungsgesellschaften größtmögliche Schadensfälle berechnet.
Berechnete Möglichkeiten
Vor allem die Sprinter müssen sich sputen, wenn Einmahl und Magnus Recht behalten. Der 100-m-Weltrekord von Asafa Powell (9,77 Sekunden) könnte noch um 48/100 auf 9,29 verbessert werden, über 200 Meter (19,32/Michael Johnson) ist das Ende der Fahnenstange - laut Extremwert-Theorie - erst bei 18,63 Sekunden erreicht. Um eine halbe Sekunde könnte Liu Xiangs Weltrekord über 110 m Hürden (12,88 Sekunden) noch gedrückt werden.
Im Speerwurf der Männer (Jan Zelezny/98,48 Meter) sind sogar 106,50 m drin, die berechnete Steigerung fällt mit 8,02 m deutlich größer aus als bei den Frauen: Nur 80 Zentimeter liegen zwischen dem aktuellen Weltrekord der Kubanerin Osleidys Menendez (71,70) und dem vom Computer berechneten Maximum (72,50). In der Qualitäts-Rangliste stehen die Weltrekorde von Menendez (1) und Zelezny (2) ganz oben.
Marathon
Überraschend mutet die Prognose für die Marathon-Weltrekorde an: Die Frauen können noch viel, viel schneller, bei den Männern ist kaum noch "Luft" drin. Nur um 49 Sekunden kann die Top-Zeit von Paul Tergat (Weltrekord 2:04:55) nach Ansicht der Extremwert-Forscher noch unterboten werden - bei den Frauen sind es immerhin 8:50 Minuten. Da dürfte selbst Paula Radcliffe, mit 2:15:25 Stunden die schnellste Marathonläuferin der Welt, verdutzt den Kopf schütteln.
"Für viele Leichtathleten ist das sicher deprimierend, wenn sie mit unseren Extremwerten konfrontiert werden", meint Einmahl. Ein "Unmöglich" gibt es in seinem Metier nicht, ein "Unglaublich" schon. Oder anders: Das Unglaubliche ist nicht unmöglich. "Wer hätte schon geglaubt, dass Bob Beamon am 18. Oktober 1968 8,95 Meter weit springt", fragt der Forscher. "Dass ein Mensch überhaupt zu so einer Leistung fähig ist?" Gleich um 55 Zentimeter hatte der Amerikaner den Weltrekord damals in der Höhe von Mexiko-City verbessert.