Auf der Anklagebank überspielt Fendrich seine Nervosität mit bemühter Seriosität. Er hat ja auch einmal kurz Jus studiert, wenn auch nur Römisches Recht. Mit Kokain will er nun abgeschlossen haben.

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Wien – "Familienstand?" – "Geschieden", sagt Fendrich. "Seit?" – "Seit 3003" – "2003", glaubt der Richter eher. "Es war 2004", verbessert Rechtsanwalt Manfred Ainedter. Rainhard Fendrich wirkt ein bisschen verwirrt und ziemlich nervös. Seit April kokst er nicht mehr. Es sei schon ein gutes Gefühl, endlich mit sich im Reinen zu sein, erfährt das Schöffengericht. Da nimmt er, um es gleich vorweg zu nehmen, sogar die Geldstrafe in der Höhe von 37. 500 Euro wegen Drogenkonsums in Kauf.

Der größte Gerichtssaal Österreichs ist voll besetzt. Rund um den zur Anklagebank schreitenden Sänger kommt es zu heftigen Kameraverschiebungen mit Blitz, Donner, Tumult und Polizei. Szenen, die an die großen Prozesse der 90-er Jahre erinnern. (Lucona, Lainz, Noricum.) Diesmal geht es um belanglosen, banalen und längst bekannten Pulveraustausch in der so genannten (und sich selbst gerne so bezeichnenden) Schickeria. Ja, die Leute lieben es, wenn ein Prominenter, den die Aura von abnehmendem Glanz und zunehmender Arroganz umgibt, plötzlich mit einem Bein (oder Nasenflügel) im Kriminellen steht (oder steckt). Sie freuen sich dann aber auch mit ihm, wenn er, geläutert und bescheiden, wieder einen neuen, gesunden Lebensanlauf startet. (Demnächst wahrscheinlich in News.)

Austropophymnensänger Fendrich gibt zu, gut 15 Jahre Kokain geschnupft zu haben. "Aber nie exzessiv, dass einem die Schädeldecke wegfliegt", beteuert er, "immer nur in kleinen Dosen, damit ich arbeiten konnte." Die Methapher vom Sportwagen, das Herzstück seiner Anklage, sei freilich ganz anders entstanden, erzählt Fendrich gern. Vor seinen Augen und jenen des seligen Hansi Hölzl (Falco) sei gerade ein schwarzer Ferrari abgeschleppt worden. Dazu habe Falco bemerkt: "Siehst, des kann mir net passieren, mei Ferrari parkt in meiner Nas'n." Diesen Gag hat Fendrich zu einem vielleicht eher unpassenden Zeitpunkt, bei der überraschenden polizeilichen Einvernahme, für sich in Anspruch genommen und dahingehend modifiziert, dass er sich selbst im Laufe der Jahre Kokain im Gegenwert eines Ferraris durch die Nase gezogen hätte.

Zwei Leidtragende dieser Aussage werden wegen Drogenhandels zu zwei Jahren beziehungsweise neun Monaten teilbedingt verurteilt. "Es war ein Geben und Nehmen", sagt der "kleine Fredi", der Fendrichs Nase eineinhalb Jahrzehnte versorgt hat. Zuletzt hatte er 100 Gramm organisiert, die Hälfte davon sei für den Sänger bestimmt gewesen. "Er hat gekostet, und es hat ihm g‘schmeckt", sagt er. Er selbst hat die Ware vom "rosaroten Panter". "Wo wohnt der?", fragt Richter Walter Stockhammer. "Ich glaub, der is‘ schon g‘storben", erwidert der kleine Fredi: Und warum der Name "rosaroter Panter"? – "Der hat rote Haare gehabt und ist immer so herumgeschlichen in der österreichischen Landschaft."

Der Zweitangeklagte hat ein kokainhältiges Promilokal betrieben. Mit Fendrich verband ihn "eine schöne Suchtgiftfreundschaft". Auch er erntete einen Ableger von Falcos Ferrari-Pointe. "In Palma gibt's mehr Kokain als Parkplätze", soll Fendrich geschwärmt haben. In Österreich habe er dem Sänger aber höchstens 30 Gramm besorgt und gegeben. "Also verkauft", verknappt der Richter.

Viagra im Hosensack

Einmal glaubte die Polizei, einen Kokain-Deal zwischen dem Lokalbesitzer und dem kleinen Fredi beigewohnt zu sein. "Aber geh, das war Viagra", erklärt Fredi. Damit gibt sich der Staatsanwalt nicht zufrieden. "Wenn es Viagra war, wieso haben Sie‘s dann eingepackt?", fragt er den Wirt. Der nimmt eine (offensichtlich ständig auf Abruf bereite)_Potenzpille aus der Hosentasche und lässt sie auf den Boden fallen, wo sie bis zum Richtertisch vorhüpft. "Damit das nicht passiert", kommentiert er das Geschehen.

Zurück zu Fendrich, dem Mittelpunkt des medialen Interesses: Auch er soll ja mit Kokain gehandelt haben, glaubt der Staatsanwalt – und vertraut dabei auf die Angaben jenes mittlerweile insolventen Schneiders, der Fendrich belastet. Auch im Zeugenstand behauptet er, vom Sänger 20 bis 30 Mal Kokain bekommen zu haben. Fendrich sieht in den Behauptungen des Schneiders einen puren Racheakt für ein nicht zustande gekommenes Geschäft. "Er wollte mit mir eine Modelinie aufziehen. Mit rumänischen Jeans. Ich habe ihm klar gemacht, dass man damit nicht in den Modehimmel vordringen kann", sagt Fendrich. Anwalt Ainedter bittet die Schöffen, seinem Mandanten nicht den "Prominentenmalus" umzuhängen. Fendrich sei in der Öffentlichkeit völlig zu Unrecht "vom Idol zum miesen Vernaderer" herabgestuft worden. Und Schuld daran sei die Polizei mit ihrem "Geheimnisverrat". Denn: "Fendrich hat nichts gesagt, was die Polizei nicht schon wusste".

Vom Vorwurf des Kokainhandels wird Fendrich freigesprochen. Die Geldstrafe wegen Drogenkonsums nimmt er erleichtert an. Den Journalisten versichert er: "Für mich beginnt jetzt ein neuer Lebensabschnitt." (Daniel Glattauer, DER STANDARD – Printausgabe, 22. Dezember 2006)