In Sachen Meinungsfreiheit hat der ORF am Donnerstag einen Sieg gegen die Republik Österreich errungen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg sprach nach einem Bericht der dpa dem öffentlich-rechtlichen Sender im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit um eine Sendung über die Neonazi-Organisation VAPO ein Schmerzensgeld von 6.700 Euro zu.

Verletzung der Meinungsfreiheit

Ein österreichisches Gericht hatte dem ORF 1999 die Ausstrahlung eines Fotos des damaligen VAPO-Leiters untersagt. Der Gerichtshof für Menschenrechte sah darin nun eine Verletzung der Meinungsfreiheit. Dieses Verbot sei nicht zu rechtfertigen und in einer demokratischen Gesellschaft nicht erforderlich, hieß es am Donnerstag in der Straßburger Urteilsbegründung.

STANDARD bekam in drei Fällen Recht

Der Menschenrechtsgerichtshof hatte erst kürzlich dem STANDARD in drei Fällen Recht gegeben. Die Tageszeitung war von österreichischen Gerichten verurteilt worden, weil FPÖ-Politiker und ein Richter wegen übler Nachrede geklagt hatten. Die Urteile hätten dem Recht auf freie Meinungsäußerung widersprochen, hieß es dazu in Straßburg. Mit dem jüngsten ORF-Urteil wurde die Republik Österreich damit heuer bereits zum vierten Mal in Straßburg verurteilt.

Windhager: "Republik ist Wiederholungstäter"

Medienrechts- und Menschenrechtsexperten übten zuletzt bereits Kritik an der heimischen Rechtsprechung. "Die Republik Österreich ist hier ein Wiederholungstäter", meinte etwa STANDARD-Anwältin Maria Windhager. Meinungsfreiheit müsse wirksam abgesichert werden. Das Boltzmann-Institut für Menschenrechte urgierte Anpassungen im Medienstrafrecht. Die Freiheit von Werturteilen müsse im Gesetz besser zum Ausdruck kommen, hieß es. Kritik an der Republik kam auch von der Internationalen Journalisten-Föderation.

Nur die Türkei wurde öfter verurteilt

Österreich wurde in den vergangenen Jahren in Straßburg übrigens häufiger wegen Verstößen gegen Meinungsfreiheit verurteil als Russland oder Rumänien. Nur die Türkei brachte es auf mehr Verurteilungen als Österreich. (APA)