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Industriearbeitern winken in Zeiten der Exportrekorde mehr Jobs. Ein Gutteil davon wird durch Leiharbeiter besetzt.

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Wien – Zum ersten Mal seit Jahren steigt die Zahl der Industriebeschäftigten in Österreich wieder an, berichtet die Wirtschaftskammer. Gleichzeitig nimmt die Leiharbeiterquote zu. Und die Industrie verlangt noch mehr Flexibilität, auch für die Arbeitszeiten der Stammbelegschaften.

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Etwas, das wir schon seit Längerem nicht gehabt haben: steigende Beschäftigung“, konnte der neue Geschäftsführer der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich, Manfred Engelmann, am Dienstag vermelden. Um 0,5 Prozent werde sich laut Prognose die durchschnittliche Beschäftigtenzahl von Jänner bis September 2006 steigern – allerdings Eigenpersonal und Leihpersonal zusammengerechnet. Die Zahl der fix angestellten Mitarbeiter sank bis zum Halbjahr – dem langjährigen Trend folgend – um 0,6 Prozent auf 408.000. Rechnet man das über Personalleasingfirmen beschäftigte Personal dazu, kommt man mit einem Zuwachs von knapp 0,1 Prozent auf 424.700.

Die Leiharbeiterquote steigt seit Jahren: von 2,1 Prozent (gemessen am Eigenpersonal in der Industrie) im Jahr 2000 auf 3,7 Prozent im Vorjahr.

Der Jahre andauernde Rückgang im Eigenpersonal sei nicht nur auf Einsparungsmaßnahmen und der Abwanderung in Niedriglohnländer zurückzuführen, sondern auch darauf, dass mit dem Auslagern von Dienstleistungs- oder Handelsabteilungen aus Industriebetrieben die Arbeitnehmer statistisch in eine andere "Klasse" fielen, so Engelmann. Facharbeitermangel herrsche dagegen heute in den Branchen Maschinen und Metallwaren sowie Holz- und Fahrzeugindustrie.

Vor- und Nachteile

Den durch Marktbedingungen notwendige noch flexiblere Einsatz von Arbeitskraft will die heimische Industrie aber auch für das Stammpersonal ermöglicht sehen. Engelmann: "Es stimmt, Flexibilisierung gibt es bereits in der Praxis. Aber zum Beispiel die Maschinen- oder die Fahrzeugindustrie bräuchten aufgrund ihrer Produktionszyklen Durchrechnungszeiträume von drei bis vier Jahren, nicht von einem Jahr."

Die Vorteile von mehr Flexibilisierung seien "mehr Geld für AMS und die Arbeitslosenversicherung" sowie weniger "Reibungsverluste“ an qualifiziertem Personal, wenn der Mitarbeiterstand konjunkturell bedingt auf- und wieder abgebaut werden müsse. "Der Nachteil, das gebe ich offen zu", sagt der langjährige Kollektivvertragsverhandler, "sind weniger Überstunden-Entlohnungen." Aber mit den gegebenen Rahmenbedingungen werde eben mehr Leasingpersonal geholt.

Der konjunkturelle Aufwind ist weiter spürbar, vor allem dank der Auslandsnachfrage: Im dritten Quartal 2006 ist die Produktion gegenüber dem Vorjahresquartal um zehn Prozent im Plus. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.12.2006)