Zukunfts-
und Kulturwerkstätte: Gertraud Knoll hat mit Christine Nöstlinger über Bildungsgefälle und Einkommensschere diskutiert
Redaktion
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Wien - Die Leiterin der Zukunfts-
und Kulturwerkstätte der SPÖ Gertraud Knoll hat am Mittwoch
im Gespräch mit der österreichischen Schriftstellerin
Christine Nöstlinger über Bildungschancen von morgen und andere Themen im Rahmen der ZUK-Veranstaltungsreihe Zwischentöne diskutiert. Noch immer seien laut Bildungsvergleichsstudien
Defizite im Rechnen und Lesen in Bezug auf das klassische
Bildungsgefälle festzustellen. "Gut ausgebildete Menschen bekommen
leichter einen Job als schlecht ausgebildete, das ist immer noch so",
bekräftigte Nöstlinger. Dies ließe sich in unserem
Gesellschaftssystem mit mehr Mitteln und Betreuung beheben, erklärte
die Schriftstellerin und plädierte für eine frühkindliche
Unterstützung und die Ganztagsschule.
Knoll sprach auch die Thematik der über- und hochqualifizierten
jungen Menschen an, die trotz guter Ausbildung, keinen adäquaten Job
finden und so in Situationen von Frust und Hoffnungslosigkeit
geraten. Diese "Brüche in der sozialen Sicherheit werden als
Generationenkonflikt immer deutlicher sichtbar", waren sich beide
einig.
Nach 15 Jahren ein Drittel weniger
Thema der Diskussion war außerdem die Frage nach der immer größer
werdenden Einkommensschere. "Die Einkommenssituation bei Frauen ist
nach wie vor schlechter als bei Männern", kritisierte Knoll. Durch
Studien mit Zwillingspaaren habe man herausgefunden, dass bei identen
Lebensläufen und Anfangsgehältern die Einkommensschere nach fünf
Jahren auseinander geht, so Knoll. Nach 15 Jahren verdienen Frauen
bereits ein Drittel weniger als Männer. Trotzdem geben Frauen eine
größere Zufriedenheit mit der Arbeitssituation an als Männer.
Speziell bei jungen Frauen sehe sie eine Unkenntnis über die
Geschlechtsunterschiede. Es sei mehr Eigeninitiative der Frauen
nötig, um das Problem Einkommensschere zu beheben. Das fehlende
Engagement sei auch "eine Bildungsgeschichte", da viele Frauen
glauben der Gehaltsunterschied betreffe gut ausgebildete Frauen
nicht, konstatierte die ZUK-Leiterin.
Sie glaube nicht, dass Frauen nicht über die Einkommensschere
Bescheid wüssten, so Nöstlinger. Der Unterschied wird sich
ausgleichen, weil immer mehr auf Werkvertragsbasis gearbeitet wird.
Außerdem seien die jungen Menschen zu sehr angepasst, um gegen
bestehende Missstände aufzubegehren, sagte sie.
"Nicht emanzipatorisch"
Nöstlinger, die als Aushängeschild der österreichischen Kinder-
und Jugendliteratur gilt, aber auch für Fernsehen, Radio und
Zeitschriften tätig ist, erklärte, nach ihren Büchern gefragt, dass
sie selbst ihre Arbeiten nicht als emanzipatorisch und anti-autoritär
beschreiben würde. Das Leben könne ohne Autoritäten nicht
funktionieren, so die Autorin. Kinder brauchen Bezugspersonen, die
sie als Vorbilder sehen können. Daher sei sie für "möglichst viel
Schule, weil dadurch die Chance größer ist, dass man eine Lehrperson
trifft, die einem zusagt." Durch diese Art der Betreuung könne man
früh genug ansetzen, um die Weichen für die spätere Zukunft des
Kindes zu stellen, so Nöstlinger abschließend. (red)
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