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Hannes Eder, Universal-Chef und Starmania-Fachkommentator.

APA/Universal

Auf der einen Seite beklagen die Vertreter der Musikkonzerne schrumpfende Einnahmen durch Filesharer. Auf der anderen Seite kommen – Web2.0 sei Dank – neue Einkommensquellen hinzu. Wie verändert sich der Markt, weshalb laden HipHop-Fans mehr herunter als andere und warum hätte Madonna auch gecastet werden können? "Und irgendwie hat keine Sau ein Problem, dass das Bier innerhalb weniger Jahre plötzlich nicht mehr 21 Schilling sondern 3,50 Euro kostet und ich soll jetzt ernsthaft darüber diskutieren, ob ein Song weniger Wert sein soll, als 99 Cent", sagt Universal-Österreich-Chef Hannes Eder im Gespräch mit Zsolt Wilhelm.

Webstandard: Ganz allgemein, in welche Richtung entwickelt sich ihrer Meinung nach die Pop-Musik? Was sind die Kassenschlager der kommenden Jahre?

Hannes Eder: Die Popmusik entwickelt sich so wie auch schon die letzten Jahrzehnte in einen Mix aus Innovation in homöopathischen Dosen und einem Aufarbeiten von schon einigen Jahren Erfolgreichem.

Webstandard: Wenn man auf die Musik-Videos der 80er Jahre zurückblickt, hat man den Eindruck damals wurde wesentlich ungezwungener Musik gemacht als heute – trügt der Schein?

Hannes Eder: Dazu muss man sagen, dass die Musikvideo-Kultur erst mit den 80er Jahren so richtig begonnen hat mit MTV. Mit dem Vorteil, dass man zu dem was man musikalisch ausdrücken möchte nun auch eine Bildkomponente für den Konsumenten zur Verfügung hat und mit dem Nachteil, dass Menschen, die optisch nicht tragfähig erschienen, keine musikalische Karriere mehr machen konnten.

Webstandard: Waren die Künstler in ihrer Darbietung nach Außen hin kreativer, heute wirken Produktionen oft sehr einheitlich?

Hannes Eder: Wenn immer ein neues Medium oder eine neue Spielform Fuß fasst, kommt es zu einer spielerischen Auseinandersetzung damit. Dass heißt, zuerst gibt es eine "Sturm und Drang"-Phase und dann kippt das ganze ins Konzeptionelle. Künstler wie Micheal Jackson haben dann relativ früh erkannt, was man denn da noch alles an Botschaften über Video transportieren und Images kreieren kann, außer sich lustig zu präsentieren. Und diese Erkenntnisse sind nun da und das ist längst ein hoch professionalisiertes Business. Das genauso wie Hollywood funktioniert. Die haben ihre Erfolgskriterien auch aus vergangenen Filmen gelernt und die wiederholen sich halt immer wieder. Das langweilt einen als Konsument hin und wieder, dennoch gibt es ab und zu Brüche dazu, die dann wieder extrem herausfallen.

Webstandard: Betrachtet man Musik-Videos von Sängerinnen wie Beyoncé oder den PussyCatDolls, könnte man meinen den Labels würde nicht mehr viel anderes einfallen, als nackte Haut und räkelnde Körper zu zeigen, um ihre Musik zu verkaufen – Spielt die Verpackung heute eine wichtigere Rolle als die eigentliche Musik?

Hannes Eder: Es gibt einfach die Erkenntnis und die ist schon mindestens hundert Jahre alt, dass die Verpackung mindestens so gut sein sollte wie der Inhalt, eigentlich noch besser.

Webstandard: Ist die Verpackung heute besser als die Musik?

Hannes Eder: Ich würde sagen, das ist stark unterschiedlich. Aber "Sex sells" ist in der Musikbranche auch nicht gerade neu erfunden worden.

Webstandard: Sind Casting-Shows und ähnliche Wettbewerbe tatsächlich jungen Musikern zuträglich oder ist das einfach nur ein neues Geschäftsmodell, um mit Musikern schon vor ihrer Etablierung zu verdienen?

Hannes Eder: Die Casting-Show bietet auf Seiten des Marketings einen Frontalangriff, der ansonsten von niemandem leistbar wäre. Würde man sich diese Fernsehzeit in Form von Werbung, für einen Künstler den man aufbauen will, als Plattenfirma kaufen wollen, würde man in Konkurs gehen bevor auch nur ein Bruchteil des Marketing-Effekts erzielt wurde. Auf der anderen Seite erfahren die Kandidaten in diesen Shows eine geballte Ausbildung innerhalb weniger Monate. Das ist für die Plattenfirma die Gelegenheit zu sehen, wie agieren die einzelnen Talente vor der Kamera, wie kommen sie mit Mediendruck zurecht und wie wirken sie auf das Publikum – welche Zielgruppe ist mit ihnen ansprechbar.

Webstandard: Wie viele Castings verträgt der Markt noch?

Hannes Eder: Da muss man unterscheiden. Der Musikmarkt verträgt Castings so viele man auch immer ermöglichen will. Aber der Fernsehmarkt verträgt nicht so viele.

Webstandard: Glauben Sie nicht, dass für viele begabte junge Menschen solche Shows eher abschreckend wirken und diese deshalb unentdeckt bleiben?

Hannes Eder: Wahr ist, die nächsten Rolling Stones wird man damit nicht entdecken. Auch nicht die nächsten Nirvana – die werden dort nicht auftauchen. Nur Pop-Musik ist ja etwas anderes. Das ist höchst selten etwas, das aus dem Club oder aus den Indie-Spielstätten durch vier Jahre Dauertouren in die Hitparaden kommt.

Webstandard: Hätte man Madonna casten können?

Hannes Eder: Man hätte Madonna casten können in so einer Show, natürlich.

Webstandard: Tatsächlich? Hat sie ihre Entwicklung nicht sich selbst zu verdanken?

Hannes Eder: Naja, ja. Aber Madonna hätte ohne weiteres aus einer Casting-Show kommen können, ohne, dass dies einen negativen Impact auf ihren weiteren Karriereverlauf gehabt hätte. Madonna ist nicht die begnadete Singer/Songwriterin, die wahnsinnige Messages nach außen trägt.

Webstandard: Sie kann sich gut selbstinszenieren.

Hannes Eder: Genau und sowas kann man in einer Casting-Show aber schon erkennen. Dass ein Talent dafür da ist.

Weiter: Wie viel verdient wer am Musikgeschäft?

Webstandard: Was müsste man tun, um die vielen anderen Talente, die nicht nur Pop machen wollen, herauszufiltern und zu fördern?

Hannes Eder: Es gibt in England das eine oder andere TV-Format, das eine Brücke schlägt zu dem, was wir von Starmania schon kennen und was Nachwuchsförderung eher im Songwriter-Bereich betrifft. Was die Musik insgesamt aber braucht, abseits der Casting-Shows, ist eine geeignete Präsentationsplattform in elektronischen Medien. Das heißt Radio und auch Fernsehen. Und im Fernsehen ist bei uns "niente". Da gibt’s eine Flatline und das schon seit Jahren.

Webstandard: Sie meinen das rein österreichische Fernsehen?

Hannes Eder: Ja, ich rede davon, dass ein öffentlich-rechtliches Rundfunkunternehmen, neben dem berechtigten Schlager, neben der berechtigten Volksmusik und den vier Opern-Übertragungen im Jahr, sich dem ganz großen Feld, das zwischen diesen erwähnten Stilrichtungen liegt, zuwendet. Und im Übrigen bin ich zwar jetzt als Musikindustrie-Mensch gefragt, aber ich finde, dass auch alle anderen Talente in unserem Land unterrepräsentiert sind. Design, Architektur, Fashion, usw.

Auch wenn unsere lustige Bundesregierung sich immer gefallen hat, mit der Erklärung, dass wir eh das superste Land der Welt sind, hab ich bislang im österreichischen Fernsehen noch nicht gesehen, wo unsere Nachwuchstalente in allen Kreativberufen gefeatured würden. Wenn man jetzt ein bisschen von der Literatur absieht.

Webstandard: Wie sieht ein Vertrag aus für jemanden, der nach so einem Casting unter die Fittiche eines Labels genommen wird?

Hannes Eder: Jeder der teilnimmt, kennt den Vertrag für den Fall, dass die Plattenfirma eine Produktion mit ihm machen möchte und der wird auch schon vorher unterschrieben. Das ist aber jetzt kein Raubrittervertrag, sondern ist, wie man das so schön nennt, "marktüblich".

Webstandard: Christina Stürmer gilt zurzeit als Aushängeschild des österreichischen Pops. Welchen Anteil erhält eine junge Künstlerin wie sie an einer verkauften CD, Song, etc.?

Hannes Eder: Das ist Bestandteil eines Vertrags, über den auch Stillschweigen bewahrt wird. Aber der neue Vertrag von der Christina Stürmer sieht natürlich schon anders aus als der Erste, den sie hatte.

Webstandard: Aber wie viel, prozentuell, geht an den Künstler, ohne jetzt auf ein konkretes Beispiel einzugehen?

Hannes Eder: Naja, es gibt einen Verkaufspreis, der ist für jede CD im Hochpreissegment (alle Neuerscheinungen) gleich. Das ist der Preis, den wir von einem Retailer wie Mediamarkt, etc. verlangen. Vom Retailer-Preis gehen einmal zwanzig Prozent an den Finanzminister. Dann kommt die Händlermarge – auch die ist keine, über die geredet wird -dann Copyrights, Fertigungskosten und das, was über bleibt, haben sich die Plattenfirma und der Künstler zu teilen. Aber diese Prozentaufteilung ist Vertragsgeheimnis.

Webstandard: Wie viel Geld in Prozent geht von einem online verkauften Song an den Musikverleger und wie viel an den Vertrieb, nehmen wir zum Beispiel Apple?

Hannes Eder: Na gut, betrachten wir Apple so wie eben den Mediamarkt und dann ist es genau das gleiche System.

Webstandard: Es fällt ja viel weg.

Hannes Eder: Das Manufacturing fällt weg. Das heißt, wir kommen früher zum Betrag, der überbleibt für die Plattenfirma, die ja in Vertretung für den Künstler seine Geschäfte wahrnimmt.

Webstandard: Im Endeffekt ist das dann auch mehr.

Hannes Eder: Ja, aber die Prozentaufteilung zwischen Künstler und Produzent bleibt gleich.

Webstandard: Aber wie viel bleibt dem Vertrieb?

Hannes Eder: Apple? Ganz wenig, weil Apple das nicht auf Gewinn anlegt. Deshalb haben auch alle, die ein bisschen Marge haben wollen, das Problem, die 99 Cent zu halten oder müssen über den Euro gehen. Apple verkauft Hardware und ist an Gewinnen aus dem iTunes-Geschäft nicht sonderlich interessiert. Aber dafür ist die Marge aus jedem iPod, den sie verkaufen, ganz beachtlich – glaube ich.

Webstandard: Das heißt, die Musikindustrie bestimmt den Preis.

Hannes Eder: Ja schon, aber nur soweit es die Marktgegebenheiten zulassen und das ist ein harter Kampf. Letztendlich sind wir ja in Vertretung der Artists unterwegs. Ich könnte meine Umsätze schon pushen, wenn ich die Downloads jetzt um die Hälfte anbieten würde. Nur der Künstler würde dennoch auf demselben Anteil bestehen wie vorher ausgemacht. Und deswegen werde ich es nicht billiger anbieten.

Weiter: "Weil Musik nicht irgendein Scheißdreck ist"

Webstandard: Halten Sie den Preis für gerechtfertigt, wenn man bedenkt, dass man die Songs in einem stark komprimierten Format erhält und diese durch Copyright-Maßnahmen nur eingeschränkt abspielbar sind? Finden Sie nicht, dass die Online-Shops deswegen billiger werden sollten?

Hannes Eder: Nein, finde ich nicht. Ich kann es aber auch erklären.

Webstandard: Ich bitte darum.

Hannes Eder: Weil Musik nicht irgendein Scheißdreck ist, den man in Hong-Kong in millionenfacher Ausfertigung einfach so, weil man auf einen Knopf bei einer Maschine drückt, herstellen kann. Sondern das ist kreativer Output von einem Menschen, der berechtigter Weise Geld dafür kriegt, wenn es Leuten gefällt. Und weil ich finde, dass man eine Preisschwelle, die jetzt für mich schon die absolut Niedrigste ist, nicht unterschreiten darf. Ich halte das echt für ein Mindestlevel. Drei Songs kosten weniger als ein Seidl Bier.

Webstandard: Wie die Ö3-Hörer auch schon hören durften.

Hannes Eder: Genau. Und irgendwie hat keine Sau ein Problem, dass das Bier innerhalb weniger Jahre plötzlich nicht mehr 21 Schilling sondern 3,50 Euro kostet und ich soll jetzt ernsthaft darüber diskutieren, ob ein Song weniger Wert sein soll, als 99 Cent. Das muss man ja auch immer in der Relation betrachten.

Webstandard: Halten Sie derart strenge Kopierschutzmaßnahmen, wie Apple sie lanciert, für angebracht, wenn diese bei Konsumenten hauptsächlich auf Verärgerung stoßen? Ist das dem Geschäft zuträglich?

Hannes Eder: Nein, natürlich nicht. Das ist eigentlich ärgerlich, dass die Produkte nicht kompatibel sind. Weil das wirklich Konsumenten-unfreundlich ist. Aber das kann ich jetzt so äußern, trotzdem wird es den Steve Jobs jetzt nicht grämen.

Webstandard: Kann die Musikindustrie da einlenken?

Hannes Eder: Wären wir die Pornoindustrie, könnten wir es. Die haben auch damals schon entschieden, welches Videosystem überleben wird. Das werden auch die sein, die die nächste Systementscheidung herbeiführen werden. Die Musikindustrie wird es nicht sein.

Webstandard: e-music bietet ungeschützte Musik zum Verkauf. Musiker wie die White Stripes begrüßen dieses Angebot. Denken Sie, diese Vertriebsform sollte gefördert werden?

Hannes Eder: Die Idee hat ja einen gewissen Charm. Nur merkt man halt auch bei allen anderen Anbietern, dass, wenn es völlig ohne Kontrolle erfolgt, gewisse Dinge auch nicht verhindert werden können. Das offene System ist halt stark anfällig.

Webstandard: Muss sich die Plattenindustrie in einer Zeit des Web 2.0, in der die Produkte kostenlos angeboten und werbefinanziert werden, nach neuen Einkommensquellen umsehen?

Hannes Eder: Ja sowieso. Aber das tun wir eh schon lange.

Webstandard: Was halten Sie vom Business-Modell des russischen Online-Vertriebs AllofMp3 Music for the Masses? Die haben es geschafft Musik rein werbefinanziert an den Mann zu bringen.

Hannes Eder: Ja und es ist auch ein Weg um Musikvideos wieder zu einem Geschäft zu machen, was die längste Zeit ein reiner Werbeauftritt war. Für das Abspielen eines Videoclips hat ja weder der Künstler noch die Record-Company jemals etwas gesehen. Wenn ich das auf der AOL-Seite mit einem Werbe-Share zum Stream hab und so einen Revenue generieren kann, macht das Sinn. Wer in der Musikindustrie nur schaut, wie er seine CD oder sein mp3 auf eine Plattform oder in ein Geschäft bringt, hat eh schon verloren.

Webstandard: Vor zwei Jahren meinten Sie in einem Interview mit dem WebStandard der Erfolg über illegale Downloader ginge "nur über ein Umdenken der Musikkonsumenten, nicht übers Bekämpfen der Tauschbörsen." -> Nun, offensichtlich scheint das Ihr Verlag international anders zu sehen – hat sich die Strategie geändert?

Hannes Eder: Nein gar nicht. Denn die bieten dem Konsumenten einen Grund, weshalb er das nutzen soll. Und die es nicht verstehen, muss man halt mit drakonischeren Maßnahmen überzeugen. Was ich damals gemeint habe war, dass es nicht gelingen wird, wenn man das nur über die Tauschbörsen macht. Wenn man die jetzt aber überhaupt nie attackiert, wäre das auch schlecht. Es geht aber darum, den Konsumenten davon zu überzeugen, dass das legale Angebot richtiger ist.

Weiter: Downloads setzen der Musikindustrie schwer zu – "Firmenjets gibts keine mehr"

Webstandard: Ein neuer Trend der Musikindustrie ist es gegen Social-Networks wie MySpace oder Youtube vorzugehen. So wie es Universal mit MySpace gemacht hat.

Hannes Eder: Also ich gehöre nicht zur UMG, dem amerikanischen Sitz von Universal und deshalb kann ich das nicht kommentieren.

Webstandard: Gar nicht?

Hannes Eder: Was soll ich sagen, außer das man darauf achten muss, seine Verhandlungsposition so stark wie möglich zu halten.

Webstandard: Universal will bis zu 150.000 Dollar pro Song von MySpace – halten Sie derart hohe Summen für angebracht?

Hannes Eder: Nein ich sage da gar nichts dazu… …ich meine wenn du in Amerika in eine unmarkierte Glastür läufst, kannst du den Ladenbesitzer auch auf 10 Millionen Dollar verklagen und manche gewinnen sogar. Bei uns sieht das halt ein bisschen anders aus.

Webstandard: Liegt die Intention der Klagen darin, solche Plattformen zu Verträgen zu zwingen – wie es bei Youtube passiert ist?

Hannes Eder: Naja, aus jenem Grund hat auch Youtube gefunden, dass es eine gute Idee ist.

Webstandard: Sind diese Verträge sehr lukrativ?

Hannes Eder: Das wird nicht die allein glücklich und selig machende Lösung sein, aber das ist eine Facette von "Wo finden wir neue Revenue-Möglichkeiten?".

Webstandard: Aber das Eine ersetzt nicht das Andere.

Hannes Eder: Nein, auf keinen Fall. Es gibt eine Nachfrage nach unseren Musikvideos, die wir aus Marketingzwecken bisher immer gratis für Sender wie MTV produziert haben – für unser eigentliches Verkaufsprodukt die CD oder den Download. Wenn die Nachfrage nun da ist, warum soll ich dann jemand Anderem erlauben, meinen Besitz "for free" herzugeben? Dann gibt’s halt kein Pay per View, sondern einen Mitschnitt der Werbeeinnahmen.

Webstandard: Wenn die Musikvideos früher kostenlos an die Plattformen gegangen sind, man nun eine neue Einkommensquelle gefunden hat und man so mehr Geld generieren kann, könnte man auf der anderen Seite doch die Kosten für CDs und Downloads senken.

Hannes Eder: Nein, denn alles was wir an neuem Zusatzeinkommen lukrieren, kann nicht einmal das kompensieren, was durch das illegale Downloaden und Filesharing verloren geht seit Jahren. Wir reden hier maximal über eine Teilkompensation.

Webstandard: Der Gewinn ist dennoch hoch, oder?

Hannes Eder: Ja eh. Wenn man gescheit wirtschaftet. Aber das kann man ja niemandem vorwerfen. Ich kommentiere das ja immer als Raunzen auf hohem Niveau. Ich mein' 35 Prozent Umsatzminus in sechs Jahren – das überleben nur wenige Branchen. Dafür hält sich die Musikindustrie eh sehr geschickt.

Webstandard: Das heißt auch, die Margen waren früher auch sehr hoch.

Hannes Eder: Ja... Jetzt nicht mehr. Deswegen gibt’s jetzt keine Firmenjets und andere Spompernadeln mehr. Das ist jetzt Tough-Business, wo man jeden Euro anschaut.

Weiter: HipHop-Fans laden viel herunter und Web-Affine sind "immer noch Menschen"

Webstandard: In einer Aussage gegenüber Ö3 sagten Sie, HipHop sei in Österreich aufgrund der Filesharer nicht produzierbar. Warum gerade HipHop?

Hannes Eder: Weil die Bereitschaft Geld auszugeben von der Zielgruppe, die HipHop interessiert, so gering ist im Vergleich zu anderen Genres, dass da keine anständige Produktion möglich ist. – Das gilt jetzt für österreichische HipHop-Acts, der Eminem verkauft eh gut bei uns.

Webstandard: Glauben Sie, könnte das fehlende Bewusstsein für illegalen Musiktausch auch daher rühren, dass in populären HipHop und RnB-Videos geradezu mit Geld um sich geworfen wird? Führt die Dekadenz der Stars zu einer Robin Hood-Reaktion bei den Konsumenten?

Hannes Eder: Never... – Naja, das ist die Image-Pflege des HipHop, die ja natürlich total lachhaft ist, aber offensichtlich bei der Zielgruppe gut ankommt. Sonst würden wir nicht noch immer solche Videos machen. Das nur dazu. Dieser Robin Hood-Automatismus setzt nicht ein, wenn ich etwas haben will, sondern nur dann, wenn ich es auch gratis haben kann.

Webstandard: Kommt Filesharing auch deshalb zustande, weil die Konsumenten die Musikindustrie nicht mehr wertschätzen?

Hannes Eder: Das kommt deswegen zustande, weil es technisch möglich ist und der Mensch eine Sau. Leg am Schwarzenbergplatz ein Packerl Hunderter hin und warte wie lange es dauert, bis es einer einsteckt. So ist leider das menschliche Wesen, nicht bei allen, aber bei ganz vielen. ...Ich rede aber nicht davon, dass das alles Verbrecher sind, sondern, dass es legitim ist als Musikindustrie – zu deren Schaden dieses Verhalten beiträgt – Gegenmaßnahmen verschiedenster Art zu ergreifen. Ob das Klagen gegen Uploader sind oder Aufklärungskampagnen in Schulen.

Webstandard: Filesharer wurden in Österreich bisher ausschließlich zivilrechtlich verfolgt.

Hannes Eder: Ja klar, nur wer sich dann nicht einigen möchte, der kann auch haben, dass es zu einer strafrechtlichen Causa wird. Das wollte bis jetzt auch nie wer, weil es auch noch niemanden gab, der gesagt hat "Ich wusste gar nicht, dass das nicht legal war."

Webstandard: Das heißt, aus strafrechtlicher Sicht wäre das genauso verfolgbar?

Hannes Eder: Sicher. Das liegt aber nicht in unserem Interesse. Es geht nur darum, eine Begleitmaßnahme zu allen Aufklärungskampagnen, Lobbying, PR, etc. zu setzen. Wenn es sein muss und nicht anders funktioniert, müssen diejenigen, die es nicht hören wollen und im geschäftsschädigenden Ausmaß Tracks uploaden, verklagt werden. Dann zahlen die was und merken es sich. Aber selbst bei denen geht es nicht um Kriminalisierung, sondern um einen Lerneffekt.

Webstandard: In einer (nicht repräsentativen) Umfrage des WebStandard unter der Bezeichnung "Verwenden Sie Raubkopien?" antworteten über 56 Prozent der Teilnehmer mit "Ja". Was sagt Ihnen das?

Hannes Eder: Das wundert mich total, dass es so wenig ist beim Webstandard.

Webstandard: So wenig?

Hannes Eder: Ich bin ja auch jemand der Medien konsumiert und ich weiß auch, dass Futurezone und Webstandard-User von der einen Prägung sind, die ich vorher schon ein wenig netter beschrieben habe.

Webstandard: Web-affine Menschen neigen demnach eher zum Download als andere?

Hannes Eder: Ja, aber Web-affine Menschen sind schon immer noch Menschen.(lacht) Nein, aber jetzt ganz im Ernst, was heißt das? Dass die Hälfte mit Raubkopien arbeitet.

Webstandard: Alle Arten von Raubkopien.

Hannes Eder: Ich halte das für eine fast niedrige Quote – für eine Umfrage im Webstandard. (Das Gespräch führte Zsolt Wilhelm)