Abstraktes Glasobjekt der finnischen Designerin Anu Pentinnen

Foto: finnishdesign

Foto: finnishdesign
"Pecha Kucha" ist, selbst wenn's für unsere Ohren finnisch sein könnte, japanisch und heißt so viel wie "wirres Gestammel". Und ist in Designkreisen eine beliebte Übung, sich anderen vorzustellen. Die Regel: 20, 20. Jeder Designer darf 20 Bilder jeweils 20 Sekunden lang zeigen und dazu etwas erzählen. Dabei geht es nicht darum, einfach seine Produkte vorzustellen und zu sagen, warum man den Tisch so und die Lampe so entworfen hat. Die Kreativität liegt in der Metapher. Dieses Credo galt auch diesen Herbst für die Pecha-Kucha-Veranstaltung auf der Helsinki Design Week, die vor fünf Jahren als Schattenveranstaltung "designpartners" zur Möbelmesse entstand und als Designwoche in diesem Jahr zum zweiten Mal am Start war.

Wollte man nun das finnische Design in Pecha-Kucha-Manier umreißen, man dürfte nicht Marimekko-Stoffe zeigen, Iittala-Glas, Artek-Möbel oder Arabia-Porzellan. Auch nicht Alvar Aaltos Werke, Eerio Saarinens, Kaj Francks und auch nicht jene von Tapio Wirkkala, auch wenn dieser 1951 auf der Triennale in Mailand drei Goldmedaillen abräumte, was gemeinhin als erster internationaler Erfolg für Finnlands Design zählt. Diese Namen bei Pecha Kucha vorzuführen, würde nicht nur die Anforderung verfehlen, es würde auch dem zeitgenössischen Design nicht gerecht.

Jedenfalls, nun ja, nicht wirklich: Denn Finnlands Designlandschaft kämpft mit einem kleinen Imageproblem. International zehrt es von seinem großen Erbe. Was aber sind die Namen von heute? Die Designer Harri Koskinen und Stefan Lindfors kennt man sicher, die Firmen Habitek works, Tonfisk Design und Pentagon vielleicht. Alle anderen aber? Keine Frage, eine Veranstaltung wie die Helsinki Design Week muss helfen, das Imageproblem zu beheben.

Das finnische Design braucht Netzwerke!

Im Gespräch schildert der Initiator der Design Week, Kari Korkman, der eine Taschenfirma leitet, die Ursprünge der Designwoche: 2001 wollte er neue Produkte auf den Markt bringen. Zugleich wurde ihm klar: Das finnische Design braucht Netzwerke! Eine gemeinsame Plattform für die Talente im Industrie- und Grafikdesign und in der Architektur. 2001 umgesetzt, entwickelte sich Korkmans Idee Schritt für Schritt. Und wie um die Idee des perfektionierten Netzwerkes zu verdeutlichen, gibt Korkman freimütig zu: "Für die Veranstaltung habe ich viele Freunde akquiriert." Das klingt lokal, doch mit europäischen Gästen konnte die Woche ebenfalls aufwarten. Dem Schweizer Architekten Peter Zumthor wurde der finnische Spirit-of-Nature-Preis verliehen, der britische Designautor Max Fraser leitete Pecha Kucha, für diverse Seminare in der Kabelfabrik in Helsinkis Neubau-Hafenviertel Jäkäsaar kamen Experten aus Großbritannien, Schweden, Belgien.

Apropos Netzwerke: Wie diese sich im Design hervorragend nutzen lassen, berichtet auch die Designtheoretikerin Ul-la-Maaria Mutanen: "Weblogs wie allconsuming und 43things bekommen immer mehr Bedeutung. Wenn Menschen im Web ihre Lieblingsprodukte präsentieren und andere wiederum dar-auf hinweisen, bekommen auch bislang unbekannte Designer eine Chance." Für diese Zwecke hat Mutanen thinglink entwickelt, eine offene Datenbank für Produkte, die hilft, Objekte mit einem Label zu versehen und damit identifizierbar zu machen. "Wir hoffen damit, die sozialen Netzwerke um die Produkte herum sichtbar und nutzbar zu machen."

Technologien und Design zusammenzubringen ist in Finnland ohnehin das fruchtbarste Terrain. Neue Technologien haben Finnlands Ökonomie vorangebracht, weg von der Papier- und Waldindustrie. Hightech-Unternehmen, allen voran Nokia, haben den Wert kreativer Arbeit längst erkannt und sind zum wichtigsten Abnehmer von Design geworden. Schon deshalb können es sich Finnlands Jungdesigner nicht erlauben, nur auf die klassischen finnischen Designtraditionen zu setzen, Möbel, Keramik und Glas. Und der Rest der Welt muss noch ein wenig genauer hinhören, was aus der Ferne tönt. (Mareike Müller/Der Standard/Rondo/24/11/2006)