Problemschüler James Hopkins.

Foto: Gamespot
In Österreich würde man den 15-jährigen James "Jimmy" Hopkins als "echte Grätzn" oder "Problemkind" bezeichnen. Von sieben Schulen ist der in Vancouver entstandene Teenager geflogen, nun wird er vor den Toren der "Bullworth Academy" abgesetzt - von einer Mutter, die sich mit ihrem frisch angetrauten fünften Gatten in die Flitterwochen verabschiedet. Und in diesem Internat, zwischen dem pittoresken Neu-England-Städtchen "Old Bullworth Vale" und "Bullworth Town" gelegen, beginnen Jimmys Schwierigkeiten. Muss sich der rothaarige Pubertierende doch gegen rabiate Mitschüler durchsetzen - auf dem Bildschirm.

Denn Jimmy Hopkins ist kein Schüler aus Fleisch und Blut, der Klassenkollegen in Spinde stopft oder verprügelt, bis sie jammernd auf dem Boden liegen. Er ist die Hauptfigur des jüngsten Videospiels der Firma "Rockstar", einem Spiel, das schon Monate vor der Veröffentlichung für heftige Diskussionen gesorgt hat - die nach dem Amoklauf von Emsdetten wieder aufleben.

Schauplatz "Schule"

Neben den Spielen der "Counter-Strike"-Reihe sind es vor allem die Rockstar-Produkte, die die Kritiker von Gewaltspielen regelmäßig auf den Plan rufen - und die weltweit Bestseller sind. Das via Konsole steuerbare virtuelle Leben von Jimmy Hopkins ist genau wegen des Schauplatzes "Schule" in den Fokus geraten - lange bevor es zu kaufen war. Im Mai 2005 erstmals angekündigt, erschien "Bully" nach mehrmaligen Verschiebungen erst am 17. Oktober 2006 in den USA, in Europa kam es unter dem Namen "Canis canem edit" (Hund frisst Hund - dem Motto der Bullworth Academy) auf den Markt.

Ohne das Spiel gesehen zu haben, erreichte ein Anwalt in den USA eine Vorabprüfung durch einen Richter, in Belgien sammelte eine Lehrerinitiative zehntausende Unterschriften dagegen, in Großbritannien musste sich Premier Tony Blair im Unterhaus fragen lassen, wie er zu der Thematik stehe. Der US-Richter fand dann allerdings nicht mehr Gewaltszenen als im TV-Abendprogramm, und im Vergleich zu anderen Rockstar-Titeln geht es tatsächlich relativ gesittet zu: Als Waffen gegen (aus der realen Schulzeit geläufige) Gegner wie Streber, Sportler oder Schnösel verwendet Hopkins neben den Fäusten Steinschleudern, Juckpulver und Frisbees.

"Ich habe mich noch nicht in einen schnauzbärtigen Installateur verwandelt"

Wer sich in der Welt von Jimmy Hopkins genauer umhört, merkt, dass sich die Programmierer durchaus Gedanken - und sich über Kritiker lustig - machen. "Es wird immer gesagt, Kinder imitieren Charaktere aus Videospielen - aber ich habe mich noch nicht in einen schnauzbärtigen Installateur verwandelt", murmeln in der Originalversion Mitschüler. Eine Anspielung auf die legendäre Spielfigur Super Mario, die eine ganze Alterskohorte gefesselt hat. (Michael Möseneder/DER STANDARD, Printausgabe, 23.11.2006)