Leicht durch die Lüfte wie ein Modellflugzeug: Die Verbesserung der Leichtbauweise in Flugzeug und Raketenbau ist das Ziel der Innsbrucker Forscher.

Foto: Graupner

Um als Rakete erfolgreich seinen Zweck zu erfüllen, sollte man beim Start nicht explodieren. Auch Winde, Sonnenschein und Druck sind unbeschadet zu überstehen. Innsbrucker Forscher arbeiten im Rahmen eines Großprojektes an der Problemlösung.


Manche sprechen vom großen Zufall, andere von einer logischen Konsequenz, wenn sich Wirtschaft und Wissenschaft treffen: Faktum ist jedoch, dass ein Tiroler Unternehmen nicht nur eine perfekte Verbindung dieser Bereiche lebt, sondern auch mit heimischem Know-how für einen deformationsfreien Flug der europäischen Ariane-Raketen sorgt.

Es begann damit, dass die Leopold-Franzens-Universität Innsbruck einen Technologiepark eröffnete; in diesem siedelte sich die Firma Intales, gegründet von dem ehemaligen Absolventen Herbert Haller, an.

Zusammen mit den beiden Institutsvorständen Alexander Ostermann (Institut für Mathematik) und Michael Oberguggenberger (Institut für Grundlagen des Bauingenieurwesens), beides Mathematiker, widmete man sich nun der Verbesserungen von Leichtbaustrukturen. Genauer gesagt liegt das Hauptaugenmerk des vom universitären Transfercenter trans IT geförderten Projekts Icona auf den schwierigen Berechnungen und Analysen von Strukturen und deren Sicherheit und Stabilität.

"Die Herausforderung besteht darin", so Haller, "dass die Lasten (die auf die Ariane und andere Flugkörper wirken) immer höher, die Fertigungskosten aber reduziert werden. Für diese an sich gegenläufigen Probleme gilt es, die beste Lösung zwischen Zuverlässigkeit der Struktur und Wirtschaftlichkeit zu finden." Der Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Forschung bestünde darin, dass "Erkenntnisse, welche an der Uni gewonnen werden, direkt als praktikable Tools in die industrialisierte Anwendung gelangen sollen". In der Praxis formuliert Intales die Problemstellungen aus der Industrie und bereitet diese auf, die Forschung versucht daraus eine Lösung zu entwickeln. Die Leichtbauweise, die bei Flugzeugen über Raketen bis hin zu Brücken eingesetzt und in Zukunft auch neue Materialien, wie etwa Verbund-stoffe, nutzen wird, ist eine Voraussetzung für viele moderne Entwicklungen.

Rolle der Mathematik

"Das 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert der Mathematik. Denn in vielen Bereichen spielt Mathematik eine bedeutende Rolle - von der Genbiologie, über den gesamten technischen Bereich bis hin zur Gerichtsmedizin", so Alexander Ostermann. Die nummerischen Strukturanalysen, die sein Team und die großen Rechencluster in tagelanger Rechenzeit durchführen, liefern jene Zahlen, die der ESA garantieren sollen, dass sich ihre Raketen beim Start nicht verbiegen. Die enormen Kräfte, die auf den Flugkörper wirken, müssen, trotz der Leichtbauweise - "die Bauteile sind oft nicht dicker als bei einem Auto" - abgefangen werden. Die Mathematik dient hierbei dazu, allen Widrigkeiten und fertigungsbedingten Toleranzen zum Trotz einen möglichst genauen Rahmen zu liefern, an den sich die Entwickler bei ihrer Arbeit halten und orientieren können.

Erst wenn man sich vor Augen führt, wie viele Komponenten und beeinflussenden Faktoren es bei einem Raketenflug gibt, kann man ermessen, wie viel Arbeit, aber auch Geld hinter einem solchen Projekt steht. Wind, Sonneneinstrahlung zum Zeitpunkt des Starts, die einen Teil der Konstruktion erwärmt, die Fliehkräfte und der Druck, der auf die Flugkörper wirkt - all diese Faktoren einzuberechnen ist die Aufgabe der Mathematiker. "Wir müssen bei unserer Arbeit und den Ergebnissen auch wirklich beweisen, dass wir besser sind, als die ESA selbst, denn sonst würden wir nicht in den Ablauf integriert werden", zeigt sich Ostermann von der eigenen Arbeit überzeugt. An der Universität werden daher eigene Berechnungsverfahren entwickelt beziehungsweise Module aus standardisierten Applikationen herausgenommen und verbessert.

Da Icona ein Grundlagenprojekt ist, verbindet es die Vorteile von universitärer Forschung mit der Praxis. So sehen die Studierenden, welche Berufsfelder, die "alte Dame" Mathematik zu bieten hat, ohne sich vom wissenschaftlichen Forschen zu entfernen. Ein Trend, der verstärkt an den Unis Einzug hält. (Gregor Kucera/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 22.11. 2006)