Die Brutto-Ausgaben für Kunst und Kultur

Grafik: Der STANDARD/IKM
Paradoxerweise hat die deprimierende Langatmigkeit, mit der zwei Herren ihre großkoalitionäre Beziehungskiste vor aller Öffentlichkeit ganz ohne Genierer ausleben, zumindest in kulturpolitischer Hinsicht nicht nur Nachteile.

Immerhin scheint die unmittelbar nach den Wahlen auf diesem Gebiet aufgeflammte rote Euphorie mittlerweile doch etwas abgeebbt. Im Hochgefühl des Wahlausgangs träumte man alsbald von einem Kulturministerium, für das der Leader in lerchenauerischer Unbekümmertheit auch gleich einen Chef parat hatte.

Auch sein Tross zögerte nicht, mit Namen um sich zu werfen, dass einem - im Bereich der Kulturpolitik gewiss nicht verwöhnt - nur Angst und Bange werden konnte.

Am vergangenen Samstag ließ Alfred Gusenbauer Im Journal zu Gast allerdings mit der sehr beherzigenswerten Feststellung aufhorchen, die Politik sollte bei wichtigen Entscheidungen die Meinung von Experten berücksichtigen.

So bleibt nur zu hoffen, dass er diesem Grundsatz auch bei der nun eigentlich schon überfälligen Bestellung des neuen Staatsoperndirektors treu bleibt und seine als ziemlich konkret kolportierten Präferenzen für einen übersensiblen Startenor nur ein Gerücht bleiben.

Freilich ist nicht ganz auszuschließen, dass sich auch Alfred Gusenbauer so wie fast jeder Politiker und jeder in einer Spitzenposition tätige Manager auf dem Sektor von Kunst und Kultur selbstverständlich selbst für einen gewieften, zu wichtigen Entscheidungen befähigten Experten hält.

Erhärtet sich dieser Eindruck, wird sich wohl ein jeder, der kraft seiner kulturpolitischen Erfahrung und Kompetenz für die Führung des ins Auge gefassten Kulturministeriums infrage kommt, so wie André Heller für ein solches Angebot herzlich bedanken.

Zudem ja der Begriff Kulturministerium gegenwärtig noch nicht mehr ist als eine für jeden Inhalt offene Worthülse.

Ob eine zentrale staatliche Kulturadministration nun Staatssekretariat oder Ministerium heißen wird, ändert nichts an den Problemen, die für diese und von dieser gelöst werden müssen.

So bleibt zunächst zu klären, ob wirklich sämtliche kulturellen Institutionen in den Einflussbereich dieses so genannten Kulturministeriums fallen sollen. Ob dieses zu schaffende Ministerium durch die Einverleibung von Einrichtungen, die - wie das Kunsthistorische Museum - vor allem das Finanzministerium, die Justiz und den Rechnungshof beschäftig(t)en, nicht zu einem im Grunde unlenkbaren administrativen Koloss wird.

Vor allem aber soll man sich hinsichtlich der budgetären Möglichkeiten dieser als kulturpolitisches Elysium durch viele Politikergehirne schwirrenden ministeriellen Kunstzentrale keine zu großen Hoffnungen machen.

Wohl ist dem unten stehenden Diagramm zu entnehmen, dass Kunst und Kultur auf der Ausgabenskala des Bundes an letzter Stelle stehen. Doch was sollte zugunsten von Kunst und Kultur gekürzt werden?

Die Kosten für das immer dürftigere Sozialwesen sicher nicht, auch nicht die Aufwendungen für den ebenfalls immer mieser und immer teurer werdenden öffentlichen Verkehr. Ganz zu schweigen von den gleichermaßen ohnedies schon im Argen liegenden Bereichen von Unterricht, Forschung und öffentlicher Sicherheit. Und beim Anblick des Klötzchens, dass unter dem Gesundheitswesen figuriert, erstickt der Ruf nach Umschichtung zugunsten von Kunst und Kultur vollends.

Wenn wer wo umschichten wird müssen, dann wohl der neue Mann, egal ob er nun Staatssekretär heißt oder Minister. Und das in seinem eigenen Budget. Darum ist er nicht zu beneiden. Und der allgemeine Undank ist ihm auf alle Fälle sicher. (Peter Vujica/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20. 11. 2006)