Das Telefonbuch kann man in Zukunft auch in der Tasche mitnehmen. Über die Speicherkarte des Handys kann man dann Nummern abrufen.

Illustration: Standard/Fatih

Das Telefonbuch auf einer Speicherkarte erleichtert die Rufnummernsuche mit dem Mobiltelefon. Nur ein erster Schritt auf dem Weg in Richtung mobile Zukunft. Das Handy wird noch mehr als bisher Drehscheibe der täglichen Kommunikation.


Das Telefonbuch führt mittlerweile ein Schattendasein. Wer Rufnummern oder Adressen sucht, greift zumeist auf das Internet zurück oder ruft gleich die Auskunft an. Was bisher fehlte, waren mobile Anwendungen in diesem Bereich. Für Smartphones, also Handys, die auch PCs sind, gibt es seit Kurzem eine Speicherkarte, auf der die Weißen Seiten des österreichischen Telefonbuchs gespeichert sind. Womit man Zugriff auf über vier Millionen österreichische Telefonnummern hat. Entwickelt wurde das Tool im Zuge einer Partnerschaft zwischen Herold Business Data, dem Herausgeber von Telefonbuch und Gelben Seiten, und Evolaris, dem Grazer Kompetenzzentrum für mobile Anwendungen. Getauft wurde es auf den Namen "Herold mobile".

"Der Weg war vorgezeichnet", schildert Thomas Friess, Geschäftsführer von Herold, den Werdegang dieser Innovation: "Wir haben die Herold-CD, das Internet und das Telefonbuch. Aber eine vernünftige mobile Anwendung gab es weder bei uns noch irgendwo sonst." Mit der Idee ging man schließlich zu Evolaris. "Neben der technischen Implementierung galt es ein Geschäftsmodell zu erstellen, rechtliche Dinge und die Kundenakzeptanz zu beachten", sagt Otto Petrovic, Vorstandsvorsitzender der Evolaris Privatstiftung. "Es geht schließlich darum, dass ein Produkt nicht nur theoretisch funktioniert, sondern dass es auch tatsächlich am Markt platziert werden kann." So stand bald fest, dass es eine Offline- Lösung sein musste, um Kunden das gewünschte Service bieten zu können. "Wir haben die Datenbank mit den Daten aus den Weißen Seiten Österreichs auf die Größe von 120 Megabyte komprimiert und auf die Speicherkarte gespielt", sagt Georg Hanak-Hammerl, der bei Herold für die Technik zuständig ist. "In der Datenbank steckt das meiste Know-how." Sie werde deshalb in Zukunft auch für die Herold-CD eingesetzt und eventuell auch noch in anderen Bereichen.

Nach Eingabe der Suchkriterien wie Name, Postleitzahl, Ort oder Straße werden die gefundenen Telefonnummern am Display angezeigt. Mittels Volltextsuche wird man auch fündig, wenn man nur Teile des Namens weiß. Außerdem hilft eine fonetische Suche bei nicht ganz korrekter Schreibweise. Gefundene Teilnehmer kann man per Knopfdruck anwählen. Mithilfe der Rufnummernsuche kann man Personen über die Telefonnummer finden. Durch die integrierte Anruferidentifizierung erkennt das System auch Anrufer und zeigt deren Namen an - sofern diese in den Weißen Seiten eingetragen sind.

Bald sollen die Gelben Seiten folgen. Aber auch das ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Hat man den Standort etwa eines Lokals gefunden, soll einen das Handy dann auch mittels Wegbeschreibung dort hinbringen.

Noch etwas weiter denkt Petrovic, der das Telefonbuch am Handy nur als Basisfunktion, als "Kommunikationsdrehscheibe", sieht. Für ihn ist auch GPS am Handy und dergleichen nur ein erster Schritt zu einer ganzen Reihe mobiler Anwendungen, die man im Zusammenhang mit mobilem Internet entwickeln kann. "Wenn wir nach Japan blicken, sehen wir, dass es dort kein SMS mehr gibt. Dort gibt es das mobile Internet, mit allen Basisfunktionen wie etwa E-Mail", sagt Petrovic.

Mit dem medienübergreifenden Web 2.0, sozusagen dem "neuen" Internet, soll dann eine weitere Revolution stattfinden. "Sobald sich das durchgesetzt hat, brauchen wir Peer-to-Peer-Services, die auch auf dem Handy angeboten werden können", meint Petrovic. "Weil das Internet mehr und mehr auf Communities basiert." YouTube sei das beste Beispiel dafür, wie Web 2.0 aussieht, sagt er, um dann wieder auf das mobile Telefonbuch zurückzukommen: "Somit ist das die Kommunikationsdrehscheibe, die Basisinfrastruktur, die mir sagt, wie ich jemanden erreiche, etwa um ihm eine E-Mail zu schreiben."

Petrovic spricht vom Handy als "einem menschlichen Organ". Mobiltelefonbesitzer fühlten sich ohne das Gerät geradezu hilflos. Wo sieht er Grenzen? "Ich könnte viele aufzählen und diese auch gut begründen", sagt Petrovic, "aber die wären alle Schwachsinn." Denn vor zehn Jahren hätte auch niemand geglaubt, dass heute jährlich vier Millionen Österreicher ihr Handy wegschmeißen.

Petrovic wünscht sich weniger Diskussionen über Standards, sondern mehr mutige Pilotprojekte: "Den Kunden das Produkt geben und schauen, was sie damit machen. Und nicht überlegen was sie damit machen würden." (Markus Böhm/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 15.11. 2006)