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Israelkritiker: Jimmy Carter

foto: AP Photo/Edgard Garrido
Wien - Die USA würden ihr internationales Prestige aufs Spiel setzen und den antiamerikanischen Terrorismus fördern, indem sie die israelische Landkonfiszierung und Kolonialisierung in den palästinensischen Gebieten stillschweigend dulden, warnt der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete ehemalige US-Präsident Jimmy Carter in seinem neuesten Buch "Palestine - Peace Not Apartheid". Frieden im Nahen Osten könne es nur dann geben, wenn die israelische Regierung bereit sei, das Völkerrecht und die "Roadmap", die offizielle amerikanische Politik, die Wünsche der Mehrheit ihrer Bürger und "legale Grenzen" zu akzeptieren und eingegangene Verpflichtungen zu erfüllen. Alle arabischen Nachbarn müssten Israels Recht auf ein Leben in Frieden und Sicherheit unter diesen Bedingungen anerkennen, so Carter.

Der Architekt des israelisch-ägyptischen Friedensvertrages von Camp David verweist darauf, dass die meisten arabischen Staaten die Existenz des Staates Israel anerkannt haben. Bei einem arabischen Gipfeltreffen 2002 in Beirut wurde in einer gemeinsamen Erklärung die Normalisierung der Beziehungen zu Israel, die Anerkennung der internationalen Grenzen und die Einhaltung der entsprechenden Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates festgeschrieben.

Durch israelische Siedlungen werde das Westjordanland in mindestens zwei große Bereiche und viele kleine Gebiete zerstückelt, viele von ihnen unbewohnbar und unerreichbar, schreibt der Ex-Präsident. Zudem werden die Palästinensergebiete von rund 100 israelischen Checkpoints eingekreist, die den Zugang zu anderen Teilen der Gebiete erheblich erschweren, oft sogar unmöglich machen. Kein palästinensischer Führer könne solche Zustände akzeptieren und trotzdem politisch überleben.

2003 hätten die UNO, die USA, Russland und die EU den gemeinsamen Friedensfahrplan, die so genannte Roadmap, zur Lösung des Nahost-Konflikts vorgelegt. Die Palästinenser hätten den Plan, der die Errichtung eines existenzfähigen Staates im Westjordanland und Gaza-Streifen zum Ziel hat, vollständig akzeptiert. Israel hingegen habe unzählige Einwände erhoben und zahlreiche Bedingungen gestellt, die für die Friedensgespräche äußerst hinderlich gewesen seien.

Großer Grad an Unterernäherung

Im Gaza-Streifen wächst die Bevölkerung, wie Carter hervorhebt, jährlich um 4,7 Prozent - das ist eine der höchsten Zuwachsraten weltweit. Der Im- und Export von Nahrungsmitteln ist jedoch beschränkt oder entfällt sogar ganz. Polizisten, Lehrer, Krankenschwestern und Sozialarbeiter müssen lange auf ihre Gehälter warten. Das Pro-Kopf-Einkommen ist in den vergangenen drei Jahren um 40 Prozent gesunken, die Zahl der Armen hat die 70-Prozent-Marke erreicht. Der Grad an Unterernährung bewegt sich laut UNO bereits auf gleicher Höhe wie in der südlichen Sahara. Bereits mehr als die Hälfte der palästinensischen Familien essen nur ein Mal pro Tag. Palästinensische Kinder zwischen zwölf und 14 Jahre können zu sechs Monaten Haft verurteilt werden. Ab 14 Jahren werden sie wie Erwachsene behandelt, was einer Übertretung internationalem Rechts gleichkommt.

In dem Buch bedauert der strenggläubige Baptist Carter auch, dass viele wichtige christliche Stätten sich entlang des israelischen "Sicherheitszauns" befinden. Am Südhang des Ölbergs liegt das Kloster Santa Marta, durch die Sperrmauer in zwei Bereiche geteilt. Die Kirche selbst befindet sich auf israelischer Seite, die Pfarrmitglieder hingegen auf der anderen. Der Besuch des Gottesdiensts ist unmöglich geworden, "Übertrittsgenehmigungen" sind nicht erhältlich. (APA)