Foto: Aramis/PR
SCHÜSSEL (Gedankenstimme) : O blödes Volk! O blödes Land!

Ist das dein Dank? Soll mir von all den Jahren

ernsten Führens, schweren Schweigens

nichts andres bleiben als dies eine, dass ich,

spreche ich, nicht anders als in Versen sprechen kann,

nur weil mein Narr, mein Morak mich dereinst

nach Oberzeiring führte, dort zu sehn

den besten Shakespeare?

Was ich für dich getan, was ich für dich gelitten,

indem ich mich, herauszuführen dich aus der

Umklammerung des Antichrist,

umgeben musst' mit Westenthalers, Haiders, Gorbachs, dankst du's so mir?

Durch die Wahl des Gusenbauer und der andren roten Gfrießer

(wie mein Khol sie trefflich nannte, der mich freilich auch

verlassen hat in schwerer Stunde), blödes Volk?

Doch warte nur! Glaub' nicht, ich würd' es dir so einfach machen!

Noch bin ich hier, noch kann ich - au!

(Er hat sich an der Wange geschnitten. Blut tritt aus der Wunde.)

SCHÜSSEL (den Rasierer hochhaltend):

Wie? Auch du, Gillette, willst nicht mehr folgen meiner Führung?

Willst verletzen mich? Dich auf die Seite schlagen meiner Feinde?

Mich versinken sehn im Rot, und sei's des eig'nen Bluts?

O wie du irrst! Wie du mich unterschätzt!

Noch bin ich Kanzler, noch besitz' ich Macht!

Stirb, Verräterin! Dein Leben ist verwirkt!

(Er wirft den Rasierer in den Abfalleimer.
Vorhang)
(DER STANDARD, Printausgabe, 11.11.2006)