Foto: Gerhard Wasserbauer

Michael Wiesinger und Florian Hrachowina haben mit "Aubergine" einen großen Namen für ihre Weinbar mit Küche gewählt. Dafür gibt es auch große Namen zu trinken.

Fotos: Gerhard Wasserbauer

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Vergangene Woche hat in Wien ein Restaurant mit dem gewagten Namen "Aubergine" eröffnet. Dass es sich dabei nicht um die Wiederbelebung des Epoche machenden Münchner Gourmettempels von Eckart Witzigmann handelt, den dieser vor gut einem Jahrzehnt schließen musste, ist aber schnell klar: das Wiener "Aubergine" ist ein schmuckloser Raum mit orange beleuchteter Bar und ziemlich kleinen Tischen mit Holzstühlen, wie man sie aus amerikanischen Steakhäusern kennt.

"Die haben wir von den Vorgängern übernommen, die hier eine Burgerbude betrieben haben", erklärt Michael Wiesinger, einst Sommelier im edlen Palais Coburg und bei "da Moritz", der mit dem "Aubergine" den Sprung in die Selbstständigkeit wagt. "Ich verehre Eckart Witzigmann, da lag der Name gewissermaßen auf der Hand", erklärt er. Na dann.

Sein junger Partner Florian Hrachowina hat soeben die Tourismusschule Modul abgeschlossen und kommt aus einschlägig vorbelastetem Haus: Vater Walter werkt seit vielen Jahren als Maître im noblen Restaurant Bauer. In der Küche setzen die beiden auf Nachwuchskräfte, die mit Ende der Saison im Salzkammergut frei geworden sind.

Die Speisekarte ist einstweilen recht klein, mit der Zeit aber soll das Angebot ausgeweitet und durch tagesaktuelle Speisen ergänzt werden. Doch schon jetzt wird im "Aubergine" durchaus ordentlich gekocht: ein tadelloses Carpaccio vom Schwertfisch etwa, mit mariniertem Fenchel und Partikeln frittierter Erdäpfel bestreut. Oder ein auf den Punkt gebratenes Vitello tonnato, nicht zu dünn geschnitten und mit milder Thunfischcreme nappiert. Die klare Ganslsuppe mit Bröselknödel ist Austro-Kost der klassischen Art, Blunznnockerl mit Rotkrautsalat erweisen sich als eine Art gebratener Erdäpfelknödel mit Blunzenfülle – nicht unwitzig, die weiche Kartoffelmasse schmiert einem halt ziemlich den Gaumen zu. Eher auf der teigigen Seite ist die Kürbislasagne, daran kann auch die großzügig darüber gehobelte Trüffel nichts ändern – sie dient im Wesentlichen der Deko.

Das Kork-Risiko trägt der Kunde

Richtig spektakulär geht es dafür in Sachen Wein zu, was bei einem Mann mit der Vergangenheit Wiesingers nicht weiter verwundert. Die Tiefe des Sortiments in den Coburg-Katakomben ist alles andere als Legende, ganz offenbar ist Wiesinger während seiner Zeit als Sommelier auf den Geschmack gekommen, auch etliche richtig exklusive Flaschen im eigenen Keller zu wissen.

Es beginnt bei großen Österreichern von F.X. Pichler abwärts, führt über die klingendsten Namen Italiens (Gaja, Altare, Felluga, . . .) schnurstracks ins Burgund (Romanée-Conti, klar doch) und weiter zu den edelsten Häusern links und rechts der Gironde. Figeac, Pichon-Longueville, Cheval-Blanc? Alles da, bis hin zur definitiven Legende Château Petrus, die mit etwas mehr als 2800 Euro für den 2000er-Jahrgang vergleichsweise günstig kalkuliert ist. "Dafür trägt in dieser Kategorie der Kunde das Kork-Risiko", entschuldigt sich Wiesinger, "sonst ginge sich das nicht aus." Da kann man dann freilich gleich zu Hause trinken.

Der Großteil des Angebots ist aber um wesentlich weniger zu haben, etliches auch offen zu durchaus verträglichen Preisen zwischen ¬ 2,80 und 7,80 das Achtel – um dieses Geld darf es schon ein schöner Margaux sein. (Severin Corti/Der Standard/Rondo/10/11/2006)