Das SP-Präsidium unter Vorsitz von Alfred Gusenbauer und Barbara Prammer (links): Kein Ultimatum an die ÖVP.

Foto: DER STANDARD/Cremer

Salzburgs SP-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller will in den Untergruppen mit der ÖVP weiterverhandeln.

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Niemand in der SPÖ denke an Neuwahlen, aber ewig währe die Geduld der Bevölkerung mit der ÖVP nicht, teilte SP-Chef Alfred Gusenbauer dem zögerlichen Koalitionspartner mit. Bis Ende der Woche sollte sich in der ÖVP "etwas Entscheidendes" bewegen.

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Wien - Einerseits erweckt die SPÖ den Eindruck, als versuche sie alles, um die ÖVP wieder zurück an den Verhandlungstisch zu locken. Andererseits lässt Parteichef Alfred Gusenbauer mit der Ankündigung aufhorchen, ab sofort "in direktem Kontakt mit der Bevölkerung" die Projekte zu diskutieren, die er mit dem unwilligen Koalitionspartner nicht besprechen kann.

Das klingt wohl nicht zufällig nach Wahlkampf, denn dass seine Geduld zwar groß, die "der Menschen im Land" aber nicht unerschöpflich sei, teilte der SP-Chef der ÖVP am Montag nach der Präsidiumssitzung seiner Partei unmissverständlich mit. Es gebe keine Anlass für die Unterbrechung der Regierungsverhandlungen, aber auch keinen Anlass für Neuwahlen, betonte der SP-Vorsitzende. Jetzt liege es an der ÖVP, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und ihre Verantwortung den Wählern und dem Staat gegenüber wahrzunehmen.

Österreich habe sich jetzt einen Monat um die Befindlichkeit der ÖVP gekümmert. Nun sei es Zeit, dass sich auch die ÖVP wieder um Österreich kümmere. Wie lange die SPÖ noch zuwarten will, ließ Gusenbauer zwar offen, aber: "Mein persönlicher Eindruck ist, dass sich diese Woche etwas Entscheidendes bewegen sollte." Was er tun will, wenn sich bei der ÖVP nichts bewegt, sagte Gusenbauer allerdings nicht. Nur soviel, an die Journalisten gerichtet: "Dann werden wir uns unter Umständen nächste Woche wiedersehen."

Viel Hoffnung, doch noch mit der ÖVP zusammenzukommen, scheint man in der SPÖ aber auch nicht mehr zu haben. "Ein bis zwei Wochen" will etwa der steirische Landeshauptmann Franz Voves noch zuwarten und beruft sich dabei auf ein Gespräch mit SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos.

Bis dahin könne man ja in den Untergruppen weiterverhandeln, die nichts mit dem Eurofighter und dem Banken-Ausschuss zu tun haben. Den Zeitraum von ein bis zwei Wochen will Voves aber ausdrücklich nicht als Ultimatum verstanden wissen.

Ebenfalls in Untergruppen weiterverhandeln will Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller. Das könnte ein Weg sein, den beide Seiten ohne Gesichtverlust beschreiten könnten, meinte Burgstaller. Allerdings will die ÖVP davon vorderhand nichts wissen: zuerst die U-Ausschüsse, dann die Verhandlungen. Das wieder will die SPÖ nicht einmal ansatzweise in Erwägung ziehen.

SPÖ drängt

Durchschnittlich dauere ein U-Ausschuss 20 Monate, gibt Gusenbauer zu bedenken. Es sei "unverständlich, warum die ÖVP so auf Verzögerung spielt". Abgesehen davon, bestehe auch formal kein Grund, sich quer zu legen: "Wenn man sich die Ausschusslisten der ÖVP ansieht, so sind da großteils Leute nominiert, die nicht an den Regierungsverhandlungen teilnehmen. Man kann also ohne Weiteres beides tun, ohne dass es zu Überschneidungen kommt."

Prinzipiell will Gusenbauer die U-Ausschüsse mit der notwendigen Sorgfalt arbeiten lassen: "Da geht es um demokratische Kontrolle, die nicht zu einer Pseudo-Verantwortung verkommen darf."

Der SP-Chef wies die Darstellung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zurück, in einem Dreier-Gespräch mit Bundespräsident Heinz Fischer den beschleunigten U-Ausschüssen zugestimmt zu haben, zurück: "Schüssel gibt Informationen preis, die nicht der Wahrheit entsprechen. Es ist nicht gut, wenn die eigene Meinung zum Ergebnis eines Gesprächs gemacht wird."

ÖVP bleibt hart

Die ÖVP ignorierte am Montag alle roten Lockrufe. Offenbar habe die SPÖ jedes Interesse an einer Koalition mit der ÖVP verloren und strebe eine andere Regierungsform an, teilte die ÖVP in einer namentlich nicht gezeichneten Aussendung ihres Pressedienstes mit.

Die SPÖ habe bisher in keinem einzigen positiven Schritt gegenüber der ÖVP ihre Bereitschaft zu sachlichen Verhandlungen gezeigt, im Gegenteil, in fast täglichen Aussagen via Medien werde "die Eskalationsspirale bewusst weitergetrieben. Außerdem habe die SPÖ in ihrer Präsidiumssitzung den "Lösungsvorschlag" der ÖVP, nämlich zuerst die U-Ausschüsse zu beenden und dann die Regierungsverhandlungen weiterzuführen, "offenbar nicht einmal diskutiert".

Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll warf der SPÖ "strategische Taktierereien" vor. Es gehe nicht darum, sich gegenseitig den "Schwarzen Peter" zuzuschieben. "Es ist höchste Zeit, dass die SPÖ aufhört, der Bevölkerung auf der Nase herumzutanzen", sagte Pröll in Anspielung darauf, dass bereits kurz nach der Nationalratswahl von einer rot-grünen Minderheitsregierung mit FPÖ-Duldung und Wissen des Bundespräsidenten Heinz Fischer zu hören gewesen sei. Wo genau er das gehört habe, führte Pröll nicht weiter aus. (Samo Kobenter/DER STANDARD, Printausgabe, 7. November 2006)