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Nicaragua ist nach Haiti das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. 59 Prozent der Bevölkerung geben in einer Umfrage an, sie würden das Land verlassen, wenn sie eine Möglichkeit dazu hätten.

Laut offiziellen Statistiken ist der Anteil derer, die weniger als zwei US-Dollar am Tag zum Überleben haben, seit 2001 auf 47 Prozent gestiegen. 800.000 Kinder haben keinen Zugang zu Schulbildung.

Suche nach Essbarem auf einer Mülldeponie in der Hauptstadt Managua

Foto: Reuters/Oswaldo Rivas

Bis zu seinem Sturz durch die sandinistische Guerilla im Jahr 1979 regierte General Anastasio Somoza Debayle das Land. Die siegreiche FSLN startete ein ambitioniertes Reformprogramm.

So wurde mit kubanischer Hilfe die Analphabeten-Rate von 50 auf zwölf Prozent gesenkt. Mit landesweiten Impfkampagnen konnte die Kinderlähmung eliminiert und die Säuglingssterblichkeit drastisch gesenkt werden, durch eine Landreform sollte sich das traditionelle Agrarexportland selbst mit Lebensmitteln versorgen können.

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Wikipedia: Sandinistas

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Durch ein US-Wirtschaftsembargo und später die direkte Unterstützung der Contra-Guerilla durch die Regierung Ronald Reagans war das sandinistische Projekt zum Scheitern verurteilt.

Für die logistische und finanzielle Unterstützung der Contras und den Aufbau ihrer Stützpunkte im benachbarten Honduras war der damalige US-Botschafter in Tegucigalpa, John Negroponte, verantwortlich. Der Bürgerkrieg kostete 60.000 Menschen das Leben.

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Freedom Fighters Manual – in Nicaragua verteilte Anleitung zur Sabotage

Exhumierungen auf dem Gelände des US-Luftwaffenstützpunkts El Aguacate in Honduras

Foto: APA/AFP/Orlando Sierra

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Der Wahlsieg Violeta Chamorros im Jahr 1990 beendete sowohl das sandinistische Experiment als auch das US-Wirtschaftsembargo.

Unmittelbar vor der Machtübergabe gingen verstaatlichte Landgüter in das Privateigentum mehrerer FSLN-Politiker über, was der Partei bis heute vorgeworfen wird.

FSLN-Präsident Daniel Ortega und seine Herausforderin Violeta Barrios de Chamorro bei einer gemeinsamen Pressekonferenz

Foto: APA/epa/Miguel Alvarez

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Am Sonntag werden die 92 Abgeordneten der Nationalversammlung und ein neuer Präsident gewählt. In den Umfragen führt Daniel Ortega, der die Präsidentschaftswahlen 1990, 1996 und 2001 verloren hat. Als Vizepräsident hat sich Ortega Ex-Contra-Verhandlungsführer Jaime Morales Carazo ausgesucht, in dessen beschlagnahmtem Haus in Managua der FSLN-Kandidat heute noch wohnt.

Die Wahlplakate sind nicht mehr im traditionellen Schwarz-Rot der Sandinisten, sondern in Zartrosa gehalten, auf Wahlveranstaltungen wird statt der Sandinisten-Hymne eine spanische Version von John Lennons „Give Peace a Chance“ angestimmt.

Foto: AP

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Im Kampf um Wählerstimmen hat sich Daniel Ortega mit mehreren ehemaligen Gegnern arrangiert: So ließen sich der FSLN-Kandiat und seine langjährige Lebensgefährtin Rosario Murillo von Erzfeind der Sandinisten, Kardinal Obando y Bravo, trauen. Auch das kürzlich beschlossene Totalverbot der Abtreibung (dieStandard.at berichtete) war erst mit den Stimmen von 28 FSLN-Abgeordneten möglich. Viele ehemalige KampfgenossInnen haben sich mittlerweile von Ortega distanziert.

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Desperate acts of faith

Guardian-Gastkommentar von Ex-FSLN-Kommandantin Giaconda Belli.

Montage: derStandard.at/Fotos: AP/Reuters

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Die offen eingestandenen Versuche des US-Botschafters Paul Trivelli (im Bild links, mit US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld), die beiden Rechtsparteien PLC und ALN zur Aufstellung eines gemeinsamen Kandidaten zu bewegen, waren erfolglos, und so treten am Sonntag der Bankier Eduardo Montalegre und der Kaffeeexporteur Jorge Rizo gegen Daniel Ortega an.

Laut nicaraguanischem Wahlrecht wird Staatsoberhaupt, wer im ersten Wahlgang mehr als 40 Prozent der Stimmen erhält. Es reichen aber auch schon 35 Prozent der Stimmen, wenn der Vorsprung vor dem Zweiten mindestens fünf Prozentpunkte beträgt.

Foto: AP/Esteban Felix

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Umfragen sehen Ortega mit 34 Prozent der Stimmen deutlich vor dem Bankier Eduardo Montealegre (rechts) von der rechtsgerichteten Liberalen Nicaraguanischen Allianz (ALN), der bereits Finanz- und Außenminister war.

Harvard-Absolvent und Multimillionär Montalegre, dem Kritiker eine gewisse Farblosigkeit vorwerfen, konnte im Wahlkampf auf die Unterstützung der Pop-Sängerinnen Donna Summer und Shakira zählen und erreicht in Umfragen 23 Prozent der Stimmen.

Foto: AP /Photo/Esteban Felix

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Auf Platz drei (19 Prozent) liegt José Rizo, der Chef der Liberalen Verfassungspartei (PLC) des scheidenden Präsidenten Enrique Bolaños und dessen Vorgängers, des wegen Korruption und Unterschlagung inhaftierten Arnoldo Alemán. Rizo ließ zur Wahlkampfunterstützung den Ex-CIA-Agenten Oliver North einfliegen (derStandard.at berichtete), der bei dieser Gelegenheit Daniel Ortega mit Benito Mussolini und Adolf Hitler verglich.

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The Guardian: Oliver North, back in Nicaragua, takes on Ortega again

Foto: AP

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Danach folgt mit knapp elf Prozent Edmundo Jarquín von der Bewegung der Sandinistischen Erneuerung (MRS), die sich von der FSLN abgespalten hat. Er folgte in als MRS-Chef dem beliebten Bürgermeister Managuas, Herty Lewites (im Bild links) nach, der im Juli an einem Herzinfarkt starb. Als Vizepräsidenten hat er den berühmten nicaraguanischen Sänger Carlos Mejia Godoy nominiert.

Jarquín erreicht in Umfragen nur 15 Prozent der Stimmen, was auch auf seinen Wahlkampfslogan „El feo que quiere una Nicaragua linda“ („Der Hässliche, der ein schönes Nicaragua will“) zurückzuführen sein dürfte.

Foto: AP /Esteban Felix

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Die Werte für den fünften Kandidaten, Edén Pastora von der Alternative für den Wechsel (AC), schwanken zwischen 0,5 und 1,5 Prozent. Pastora ist besser unter seinem Namen "Comandante Cero" aus der Zeit des Guerillakampfs gegen die Somoza-Dikatatur bekannt.

Unter der Herrschaft der Sandinisten nach Somozas Sturz lief er zu den Contra-Rebellen über.

Foto: APA/AFP/Miguel Alvarez

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Die Spaltung der Rechtsparteien könnte Daniel Ortega am Sonntag nach 16 Jahren wieder an die Macht bringen.

Wenn es zu einer Stichwahl kommen sollte, stehen seine Chancen eher schlecht: in diesem Fall würden wohl die AnhängerInnen des unterlegenen Rechtskandidaten für Ortegas Gegner stimmen und so die Hoffnungen des FSLN-Kandidaten zunichte machen. (bed)

Das Ehepaar Ortega/Murillo im Wahlkampf

Foto: AP/Esteban Felix