Rot-Schwarz liegt auf Eis: Die ÖVP hat die Koalitionsgespräche unterbrochen, die SPÖ sieht die Bedingungen für eine Fortsetzung erfüllt.

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Wien - Die SPÖ hat Dienstag Vormittag ihre andauernde Gesprächsbereitschaft demonstriert. Ihre Verhandlungsgruppe Inneres erschien um 10 Uhr zum ursprünglich mit der ÖVP vereinbarten Termin. Dabei teilte Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos seinen Mitstreitern mit, vor kurzem mittels eines "dürren Mails" aus dem Büro der Innenministerin informiert worden zu sein, dass die Volkspartei den Gesprächstermin nicht wahrnehme.

Seine Partei lehne diese Vorgangsweise ab. Immerhin habe man heute ein Konzept vorlegen wollen, wie in Österreich mit 1.000 zusätzlichen Polizisten mehr Sicherheit geschaffen werden könne. Zusätzlich sei geplant gewesen, Ideen zur Beschleunigung der Asylverfahren zu präsentieren und das Projekt einer Zuwanderungskommission vorzustellen. Allein das zeige, dass die Vorwürfe der ÖVP, dass die SPÖ keine Papiere erstelle, "Nonsens" sei.

Bildung abgesagt

Am Nachmittag erschien das SP-Team zum angesetzten Verhandlungstermin zum Thema Bildung nicht mehr. "Die ÖVP hat den Termin abgesagt, wir werden nicht nach Wien kommen", hieß es aus dem Büro des SP-Bildungs-Chefverhandlers und burgenländischen Landeshauptmanns, Hans Niessl.

"Verantwortung bei Volkspartei"

Die Verantwortung, die Gespräche wieder aufzunehmen, sieht Darabos bei der Volkspartei, sei es doch die ÖVP gewesen, die "staatspolitisch unverständlich" den Verhandlungstisch verlassen habe: "Wir lassen uns sicher nicht erpressen."

Neuwahlen lehnte der Bundesgeschäftsführer ab. Dies sei kein Szenario, das die SPÖ anstrebe. Man erwarte, dass die ÖVP ihre "emotionale Aufgewühltheit" zurückstelle und wieder um eine Große Koalition verhandle, wie dies dem Wählerwillen entspreche, betonte Darabos, ehe die SPÖ-Gruppe nach wenigen Minuten wieder aus dem als Verhandlungsraum gedachten Parlamentslokal VI abzog.

Lopatka: "Der Ball liegt bei der SPÖ"

Nach dem Vorstandsbeschluss, die Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ auszusetzen, wartet die ÖVP vorerst ab. "Der Ball liegt bei der SPÖ", so ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka am Dienstag. Schließlich habe SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer den Regierungsbildungsauftrag. Und dieser habe "bisher nichts dazu beigetragen", Vertrauen aufzubauen. Im Gegenteil: Mit den von der rot-grün-blauen Koalition im Parlament beschlossenen U-Ausschüssen habe die SPÖ "neue Gräben aufgerissen".

Lopatka betonte, die SPÖ müsse sich entscheiden: "Es kann nicht sein, dass die SPÖ in einer aufrechten Dreier-Koalition eine Politik gegen die ÖVP macht und gleichzeitig mit der ÖVP verhandeln will. Diesen Widerspruch sieht jeder, das kann nicht funktionieren." Die SPÖ betreibe derzeit eine "destruktive Politik", so der ÖVP-Generalsekretär wörtlich.

Im ÖVP-Vorstand sei man übereingekommen, "wenn die SPÖ in dieser Form vorgeht, dann macht es keinen Sinn, Regierungsverhandlungen zu führen." Daher sei der einstimmige Beschluss gefasst worden, die Gespräche auszusetzen. Offensichtlich "will oder kann" die SPÖ nicht mit der ÖVP, so Lopatka. "Das hat sich gestern im Parlament gezeigt, dass die SPÖ mit den Blauen und den Grünen eine entsprechende Mehrheit hat. Wenn Gusenbauer das vorzieht, brauchen wir nicht mehr verhandeln."

Lopatka betonte auch neuerlich, dass die ÖVP keine Neuwahlen wolle. "Es gibt ein neu gewähltes Parlament. Die Abgeordneten sind bereit, zu arbeiten."

Cap sieht ÖVP-Bedingung für Fortsetzung der Gespräche ohnehin erfüllt

Der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Josef Cap sieht die Bedingung der ÖVP für eine Fortsetzung der Regierungsverhandlungen ohnehin als erfüllt an: "Wir können die Koalitionsverhandlungen fortsetzen, es gibt keine Dreier-Koalition", meinte er bei einer Pressekonferenz Dienstag Vormittag. Was sich gestern beim Beschluss der Untersuchungsausschüsse gezeigt habe, sei nur "lebendiger Parlamentarismus". Die ÖVP hatte für eine Wiederaufnahme der Gespräche eingefordert, dass die SPÖ ihre Mehrheit mit FPÖ und Grünen künftig nicht mehr einsetzen dürfe.

Diese Position ist für Cap absurd. Schließlich habe es in der vergangenen Legislaturperiode 50 Prozent Vierer-Koalitionen und 25 Prozent Dreier-Koalitionen gegeben, wenn man in der Diktion der ÖVP bleibe, verwies der Klubchef auf eine Vielzahl von Parlamentsbeschlüssen, die von mehreren Fraktionen getragen wurden.

Besonders auf die ÖVP zukommen will Cap nicht. Die SPÖ sei ohnehin jederzeit bereit, die Verhandlungen fortzuführen. Gefragt, ob man dennoch irgendwelche Aktivitäten setzen wolle, antwortet der Klubchef: "Die heutige Pressekonferenz ist eine Aktivität, wenn ich ehrlich bin."

"Hier findet keine Geduldsprobe für die SPÖ statt"

Wie lange man bereit sei, auf eine Wiederkehr der Volkspartei an den Verhandlungstisch zu warten, ließ Cap offen, konstatierte aber: "Hier findet keine Geduldsprobe für die SPÖ sondern für die Österreicherinnen und Österreicher statt." Und so werde es die ÖVP sein, die in den nächsten Tagen zu bewerten habe, wie sich die öffentliche Meinung darstelle.

Keine Neuwahl

Die SPÖ wolle jedenfalls keine Neuwahl sondern die einzig mögliche 2er-Koalition, Es sollten nicht Befindlichkeiten ausgetauscht werden, sondern man wolle auf der Basis des Wählerauftrags mit der ÖVP ein Regierungsprogramm erstellen, sagte Cap: "Wenn die ÖVP Neuwahlen anstrebt, sieht es ein wenig aus wie die Flucht vor der Verantwortung. Und manchmal erscheine es so, als wäre es der ÖVP "nicht unsympathisch", so lange zu wählen, bis ihr das Ergebnis gerecht erscheine.

Die Einsetzung der Untersuchungsausschüsse zu den Themen Eurofighter und Banken verteidigte Cap ein weiteres Mal und betonte, dass das gemeinsame Vorgehen mit FPÖ und Grünen nichts mit einer Koalition zu tun habe. Man habe in einer Sachfrage die Mehrheit gehabt, und auch ÖVP und BZÖ wären herzlich eingeladen gewesen, sich dem Antrag anzuschließen.

"Zügiger" U-Ausschuss

Bezüglich der Dauer des Eurofighter-Ausschusses versprach Cap, dass man ihn nicht unnötig in die Länge ziehen wolle, sondern zügig vorgehen werde. Die Dauer hänge aber von der Kooperation aller zuständigen Stellen ab. Letztlich werde es sich um "eine mehrmonatige, aber nicht eine mehrjährige" Tätigkeit des Untersuchungsausschusses handeln. (APA)