Wien/Kairo - Ein Teil des offiziellen Österreichs hat massive Probleme mit dem Sudan. Ein anderer, der für das afrikanische Land zuständig ist, nicht. Dazwischen steht eine in Wien lebende Irakerin, der aufgrund dieser Diskrepanz die österreichische Staatsbürgerschaft verweigert wird. Nagham T. kam bereits 1986 nach Wien. Ein Jahr später erhielt die heute 30-jährige Irakerin eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Eine Arbeitsbewilligung wurde ihr freilich nicht erteilt. Ihre Hoffnung, trotz Arbeitsverbots doch einen legalen Job zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts zu finden, wurde '97 erfüllt. Da sie Arabisch, Englisch und Deutsch spricht, bot ihr die Botschaft der Republik Sudan in Wien eine Beschäftigung an. Als Sekretärin. Und da diplomatische Einrichtungen einen exterritorialen Status haben, gilt ein Arbeitsverbot dort nicht. T. nahm den Job an. Was ihr zum Verhängnis wurde - als die Frau vor wenigen Monaten um die österreichische Staatsbürgerschaft ansuchte, wurde sie abgewiesen. Wegen ihres Jobs in der Botschaft. Politische Divergenzen Die Rechtssektion des Außenministeriums vertritt nämlich die Meinung: "Der Sudan und Österreich weisen in vielerlei Hinsicht gänzlich unterschiedliche gesellschaftliche, rechtliche und vor allem auch politische Anschauungen, Zielsetzungen und Interessen auf; dies könnte im vorliegenden Fall zu Konflikten führen." In der Begründung wird auch auf "politische Divergenzen zwischen dem Sudan und der EU, deren Politik Österreich im Rahmen der gemeinsamen Wirtschafts-und Sicherheitspolitik mitträgt", hingewiesen. Ferdinand Trauttmansdorff hingegen, als österreichischer Botschafter in Kairo auch für den Sudan zuständig, kann diese Argumentation nicht ganz nachvollziehen. Obwohl gegen den Bürgerkrieg noch keine Lösung gefunden werden konnte, so "sind die Entwicklungen der letzten zwei Jahre im Sudan gerade aus österreichischer Sicht sehr positiv", erklärte er im Telefongespräch mit dem STANDARD. Der Sudan verstärke seine internationalen Kontakte, selbst die USA richteten dort wieder eine Botschaft ein. Es gebe inzwischen einen "positiven Dialog mit der EU", bestätigte Trauttmansdorff. Außerdem pflege der Sudan fruchtbare Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich. Die Rechtssektion des Außenministeriums in Wien sieht das Ganze mit anderen Augen und "hat daher Bedenken gegen eine Verleihung der Staatsbürgerschaft" an Nagham T. Denn eine "Schädigung des Ansehens oder der Interessen der Republik Österreich kann keineswegs ausgeschlossen werden" - solange die Irakerin in der sudanesischen Botschaft arbeitet. Alle Kriterien erfüllt "Es ist absurd und skandalös, dass eine junge Frau, die alle Kriterien zum Erlangen der österreichischen Staatsbürgerschaft erfüllt, sie nicht bekommen kann, weil sie bei der sudanesischen Botschaft angestellt ist", entrüstet sich Maria Vassilakou, MigrantInnensprecherin der Grünen. Selbst die Botschaft bestätigt, dass Nagham T. "keinen diplomatischen Status" und auch "keine Beziehung mit der sudanesischen Regierung" hat. Und die Irakerin würde sogar den Job wechseln. Doch dazu bräuchte sie eine Arbeitsbewilligung, die sie jedoch nur als österreichische Staatsbürgerin bekommt. Andreas Feiertag