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Foto: APA/dpa/Rainer Jensen
Wien - Auf eine spezielle Problemgruppe im ohnedies schon schwierigen Arbeitsmarkt für Jugendliche und junge Erwachsene hat am Montag das Institut für Höhere Studien (IHS) aufmerksam gemacht - auf die so genannten "Drop-outs", die jährlich 7.500 (unfreiwilligen) Aussteiger aus Schulsystem bzw. dem Arbeitsmarkt im Alter von 15 bis 24 Jahren. Das IHS verlangte mehr längerfristige Maßnahmen, die es den Jugendlichen ermöglichen sollen, das Erlernen wesentlicher Kulturtechniken (Lesen, Schreiben und Rechnen) nachzuholen. Von der IHS-Definition werden nur Personen erfasst, die keinen höheren Abschluss als die Pflichtschule haben.

"Mit einem dreiwöchigen Bewerbungstraining durch das AMS ist jedenfalls nicht viel erreicht", sagte IHS-Experte Mario Steiner bei der Präsentation der Studie. Individuelles Coaching und mehr Kurse, um den Hauptschulabschluss nachzuholen, wurden als Maßnahmen genannt, um die betroffenen jungen Erwachsenen wieder ins System zu holen. Eine weitere Idee ist für IHS-Chef Bernhard Felderer ein in Israel praktiziertes Modell, bei dem Studenten Studiengebühren erlassen werden, wenn sie Jüngeren bei der Bewältigung von Ausbildungsproblemen helfen. Defizite sieht das IHS in Österreich in der institutionellen Unterstützung des Übergangs vom Bildungssystem in die Berufswelt.

Risiken

Insgesamt hat die Alpenrepublik im Europa-Vergleich derzeit zwar "nur" eine Jugendarbeitslosenquote von 10,3 Prozent und liegt damit nur schlechter als Irland und Dänemark, wo die Jugendarbeitslosigkeit geringer ist. In den vergangenen fünf Jahren hat sich freilich in Österreich die Quote von 5,3 Prozent (2000) beinahe verdoppelt. "Jugendarbeitslosigkeit bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, im späteren Leben auch arbeitslos zu sein viel höher ist", unterstrich Felderer. Drop-outs haben ein beinahe doppelt so hohes Risiko arbeitslos zu sein als gut qualifizierte gleichaltrige Jugendliche.

Eine breitere Definition spricht von insgesamt 77.000 betroffenen jungen Erwachsenen, diese Definition beinhaltet aber auch Jugendliche, die von Gelegenheitsjobs leben.

Die IHS-Untersuchungen der statistischen Daten zeigen, dass das Phänomen der "Drop outs" stark mit vier Faktoren korreliert. Jugendliche in der Stadt haben ein doppelt so hohes Risiko, aus dem System herauszufallen, wie Jugendliche am Land; das Drop-out-Risiko von Jugendlichen, die aus Nicht-EU-Ländern stammen - z.B. Türkei, Balkanländer - ist mehr als vier Mal so hoch wie jenes von nicht zugewanderten österreichischen Jugendlichen.

"Vererbte" Arbeitslosigkeit

Der Umstand, dass die Eltern arbeitslos sind, verdreifacht das Risiko, zum Drop-out zu werden. Und Sprösslinge von als "bildungsfern" eingestuften Eltern schauen mehr als fünf Mal so oft durch die Finger wie Kinder von Eltern mit Maturaabschluss oder noch höherer Bildung.

"Ein Drop out zu sein, vererbt sich bis zu einem gewissen Grad", resümierte IHS-Forscher Steiner pointiert.

Den Kostenpunkt der geforderten Maßnahmen wollte das IHS nicht beziffern. Felderer sprach allerdings davon, dass ein Teil davon durch "stille Reserven" und Umschichtungen etwa im Schulwesen und AMS bestritten werden könnte.

100.000 Junge "ohne faire Chance"

Die Arbeiterkammer (AK) spricht in einer Aussendung von insgesamt 100.000 jungen Menschen, "die keine faire Chance auf Ausbildung und Arbeit haben" und fordert mehr Plätze in Berufsbildenden Höheren Schulen und Lehrwerkstätten.

Insgesamt sind laut AK 77.000 junge Menschen "ohne Perspektive" - nämlich "HilfsarbeiterInnen, die höchstens einen Pflichtschulabschluss haben und von Gelegenheitsjobs leben", Jugendliche, die nicht mehr in Ausbildung sind, aber auch keinen Job haben sowie 17.000 "Sonstige" nur mit Pflichtschulabschluss und ohne Ausbildung, die zum Beispiel Arbeiten in der Familie übernehmen. Weiters gebe es 29.000 junge Menschen auf Arbeitssuche, die zwar eine Lehre oder eine weiterführende Schule abgeschlossen hätten, aber keine Arbeit fänden - in Summe also mehr als 100.000 junge Erwachsene.

Stärkung von Zukunftsberufen

Die Lehrstellenförderung müsse darauf ausgerichtet sein, dass vor allem mehr Lehrplätze in Zukunftsberufen angeboten werden. Ausbildung in Zukunftsberufen müsse verstärkt auch in Lehrwerkstätten ermöglicht werden, fordert die AK. Darüber hinaus seien in den berufsbildenden Schulen mehr Plätze vonnöten.

Die Österreichische Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) fordert für ganz Österreich "flächendeckend eigene, auf Jugendliche spezialisierte AMS-Geschäftsstellen, die gefährdete junge Menschen individuell betreuen und vor dem oft endgültigen Abrutschen aus dem Bildungssystem bewahren".

Das duale System sei der beste Weg, aber nicht mehr ausreichend, weil viele Unternehmen keine Lehrlinge mehr ausbilden, meint der Vorsitzende der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ), Jürgen Eder: "Wir müssen die Wirtschaft dazu bringen, ihre Verantwortung für die Ausbildung dringend benötigter Fachkräfte wieder verstärkt wahrzunehmen. Bis dahin muss die öffentliche Hand einspringen." (APA)