Patrick Wolf: "Accident & Emergency"

Ausnahmsweise eine "Kurze", aber die läutet dafür die Rückkehr meines persönlichen Götzen ein und ist - sowieso - exzellent: Nach dem folk- geprägten Album "Wind in the Wires" lässt's Patrick Wolf wieder rumpeln: "A & E" ist ein unwiderstehlicher Elektro- brummer, glasiert mit gesampeltem Kindergeplapper und Posaunen-Arrangements - eine Art hellere Ausgabe von "Tristan". Anfang 2007 folgt das dazugehörige Album "The Magic Position", aufgenommen teilweise in Wien und entstanden in Zusammenarbeit mit unter anderem Patrick Pulsinger und Marianne Faithfull. Wonne! (Loog Records)

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Patrick Wolfs MySpace-Seite

Coverfoto: Loog Records

Kasabian: "Empire"

Pomp, Pathos und Bombast trägt die Band aus dem britischen Leicester wie ein Banner vor sich her, und das nicht nur in ihren martialischen Videos. "Royal" nennen sie selbst ihren Glamrock-Sound mit Rave-Einflüssen, treibenden Rhythmen, hymnischen Refrains und gebirgsgroßen Synthie- und Streicherarrangements. Neben den gerne zitierten Primal Scream liegt da auch die Verwandtschaft zu den Manic Street Preachers nicht so ferne ... in Sachen Großmäuligkeit ja auch keine Kinder von Traurigkeit. Aber: derzeit halten Tom Meighan, Serge Pizzorno und Konsorten einigermaßen die Waage zwischen Anspruch und Wirklichkeit, sollen sie also prahlen. (Sony)

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Kasabian

Coverfoto: Sony

Urlaub in Polen: "Health and Welfare"

Auf dem Viennale-Konzert Mitte Oktober zeigten sich Georg Brenner und Philipp Janzen alias Urlaub in Polen ganz von ihrer rockigen, um nicht zu sagen rockistischen, Seite. Gekonntes Dreschen von Gitarre und Schlagzeug ist aber nur eine Seite der Band. Der eigentliche Reiz speziell an "Health and Welfare" - dem dritten Album des deutschen Duos - ist, wie aus verschiedensten Rocksounds plus Keyboard-Ergänzung ein grooviges Ergebnis abgeleitet wird, das seinesgleichen sucht. Das ist mal eine Band, die sich Genre-Zuweisungen definitiv entzieht - einfach anhören, am besten laut. (Tomlab/Soulseduction)

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Urlaub in Polen

Coverfoto: Tomlab

The Blow: "Paper Television"

Der gelungenste Pop kommt immer noch von denen, die sich nicht ausschließlich an den allerharmonischsten Vorbildern orientieren, sondern erst mal ein Klangfeld abstecken. Aus dem dann gerne auch der eine oder andere kantige Stein hervorstechen darf. Im Fall des Duos The Blow aus Oregon ist dieses Klangfeld reduzierter und sehr "weißer" R'n'B mit quakender Elektronik wie aus dem Modellbaukasten - als fruchtbarer Untergrund, aus dem Jona Bechtolt und Khaela Maricich dann supercatchy Songs wie "Fists up" oder "Parentheses" sprießen lassen. Hinreißende Platte. (Tomlab/Soulseduction)

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The Blow

Coverfoto: Tomlab

Ben Kweller: "Ben Kweller"

In Kalifornien geboren, in Texas aufgewachsen und im College-Radio groß geworden: Singer-Songwriter Ben Kweller hat sich in die Liga von Evan Dando, Kumpel Adam Green (zum Glück ganz ohne dessen mühsamen Haha-Faktor) oder Ben Folds gespielt. Und wie beim Letztgenannten spielt auch bei Ben Kweller das Klavier eine entscheidende Rolle, in stillen Entschuldigungsballaden ebenso wie in rockigeren Stücken. Und Lieder schreiben kann er - das Album startet mit "Run" über "Nothing Happening" zu "Sundress" gleich mit einem Ohrwurm-Hattrick. Vielleicht die Adult Contemporary Music der nächsten Generation. (Ato Records/Sony)

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Ben Kweller

Coverfoto: Ato Records

Kaada: "Music for Moviebikers"

Auf ein wiedererkennbares Soundprofil scheint's der Norweger John Erik Kaada weniger angelegt zu haben als auf die Schaffung voneinander abgeschotteter musikalischer Mikro-Universen. War "Thank You for Giving Me Your Valuable Time" (2003) eine aberwitzige Groove-Mixtur aus gesampelten und neu zusammen gesetzten 50er-Jahre-Sounds, so hat Kaada für sein aktuelles Album buchstäblich Psalter und Harfe geschultert. "Music for Moviebikers" ist ein kammermusikalisches Werk, das - neben einigen Elementen aus der Renaissance-Musik - in erster Linie wie der Morricone-Soundtrack zu einem Epos von Sergio Leone klingt. Unendlich elegisch und weit entfernt von Pop. (Ipecac)

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Kaada

Coverfoto: Ipecac Records

Petsch Moser: "Reforma"

Im Dreiländereck von Pop, Rock und Liedermachen lebt sich's ohne Risiko, wenn man nur entsprechend geerdet ist. Das ist beim österreichischen Quartett Petsch Moser der Fall, und so klingt das Ergebnis um einiges entkrampfter als beispielsweise bei Mondscheiner. Ob Uptempo-Nummern wie "Willkommen zum Abschied" und "Gustav K." oder ausladende Balladen wie "Festes Land" (sogar mit Saxophon! das trauen sich nicht mehr viele) - stets kratzen sie, wenn es mal heikel werden könnte, souverän die Kurve. Wer Platten von Tomte, Shy oder Virginia Jetzt! zuhause hat, wird hier eine ebenbürtige Ergänzung finden. (Wohnzimmer/Sony)

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Petsch Moser

Coverfoto: Wohnzimmer Records

Monk: "Jeux de Nuit"

Wir bleiben in Österreich, lassen aber Genre-Eindeutigkeiten endgültig hinter uns: "Jeux de Nuit" (dem Titel zum Trotz sind alle Songs auf Englisch) von Susanna Sawoff, "dr.pheel" und "monoheart" ist ein überaus harmonisches Album, gespeist jedoch aus unterschiedlichsten Stilen. Zwischen flotten elektro-jazzigen Nummern ("Melt like wax" oder "Souvenir") entfalten sich Balladen in lichtdurchfluteten Gitarrenakkorden ("Habit"), Bläser-Sets und einem weinenden Synthesizer ("Fall back"). Insgesamt eine schimmernde Platte mit einigen begnadet schönen Momenten. (Sevanahalf/Hoanzl)

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Monk

Fotos: Mrs.Lee / Sevanahalf

The Organ: "Grab the Gun"

We should put that record on / The one that has those sad sad songs / It makes you sing out loud ... Echo & the Bunnymen, The Cure, The Smiths: das wären so in etwa die Referenzen für The Organ aus Kanada - vor allem letztere, dem Gitarreneinsatz und Katie Sketchs lustvoll leidendem Gesangsstil ist's gedankt. Im Gegensatz zu den Vorbildern aus den frühen 80ern sind The Organ übrigens eine reine Frauenband. Die Platte hat schon einige Monate auf dem Buckel, aber Kollegin Ina brachte sie mir erst kürzlich vorbei, und seitdem läuft und läuft und läuft sie. Sweet verwirrte trotzige Seventeen - so hat das damals geklungen, und seitdem nichts an Reiz verloren. (Too Pure)

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The Organ

Coverfoto: Too Pure

Piano Magic: "Disaffected"

Once more with Weltschmerz: Im Vergleich zu The Organ ist beim franko-britischen Quintett Piano Magic das Tempo allerdings komplettemang rausgenommen. Es bleiben viel Raum für psychedelische Balladen voller Traurigkeit und klanglicher Harmonie und die Zeile des Monats: Anything can happen in life - especially nothing, mainly nothing. Wenn schon sterben, dann aber wenigstens einen schönen Tod. - Zu schwermütig? Ach was, gute Musik kann nicht wirklich traurig machen; mich jedenfalls nicht. (Green Ufos/Soulseduction)

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Piano Magic

Coverfoto: Green Ufos