Die Basis ist ein gestückeltes Werk aus drei Zinshäusern, hoch oben wird Nachhaltigkeit gepredigt.

Foto: daneshgar architects

Innen ist man verzückt vor lauter Grün! Lediglich das gelbe Band mäandert als Aha-Effekt über die Feuermauer. Warum auch nicht.

Projektinfo
Architekt: Armin Mohsen Daneshgar
Obere Amtshausgasse 20-24/2, 1050 Wien
Tel.: (01) 545 73 86
Fax: (01) 545 73 86
office@daneshgar.net
www.daneshgar.net

Foto: daneshgar architects
Nachhaltiges Bauen in Verbindung mit feschem Design wertet in Folge ganze Stadtviertel auf. Armin Daneshgars Wohnbau in Wien-Margareten - nominiert für den Österreichischen Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit - entpuppt sich als städtisches Dorado.

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"Das Erdgeschoß eines Hauses ist immer die Kommunikationszone, in der man mit anderen zusammen sein kann", erklärt Architekt Armin Mohsen Daneshgar. "Unter dem Dach zu leben bedeutet wiederum, dem Himmel und zugleich auch der Freiheit einen Schritt näher zu sein." Der Wohnbau in der Oberen Amtshausgasse - bei den Hausbewohnern kurz OAG genannt - liegt in einem statistisch betrachtet nicht uninteressanten Teil Wiens. Das Grätzel um den Siebenbrunnenplatz hat einen sehr hohen Ausländeranteil und weist beinahe die größte Dichte an Substandardwohnungen in ganz Wien auf, bietet aufgrund seiner vielen begrünten Freiflächen aber dennoch keine allzu schlechte Lebensqualität.

"Alles in allem waren hier für unser Bauvorhaben nicht unbedingt die besten Voraussetzungen zu finden", sagt Hans Jörg Ulreich, Bauherr des neuen Wohnblocks. Aus drei teilweise desolaten Zinshäusern aus dem Jahre 1889 sollte ein einziges Wohngebäude mit einem Zubau und einem Dachausbau entstehen - eine umfangreiche, keine leichte Aufgabe jedenfalls. Das Resultat dieses städtischen Wohnhauses sind 50 Wohneinheiten mit 50 zufriedenen Parteien. "Die Bewohner scheinen happy zu sein, anders kann ich mir den Babyboom seit der Hausbeziehung im Herbst letzten Jahres nicht erklären", witzelt der aus Persien stammende Daneshgar.

Der Dachaufbau, der in einem kräftigen Safrangelb heraussticht, ist das unübersehbare Haupterkennungsmerkmal des Gebäudes. Wie eine Kanzel sitzt das gelbe Ding da oben und behält das Grätzl mit Argusaugen im Blickfeld. Die Nachbarn fühlen sich bereits ertappt und sind ihrerseits zu Taten geschritten. Bauherr Jörg Ulreich: "Um unser Haus gibt es rund 30 ähnliche Bauvorhaben. Unser Rezept, Sanierungen durchzuführen, macht sich also bezahlt."

Rezept - das bedeutet im Falle dieses Gebäudes in erster Linie die Einbeziehung von Energie- und Kostenverbrauch sowie die Schaffung von möglichst vielen Grünflächen. Der coolen Außenhülle des Hauses sieht man sein üppig wucherndes Innenleben gar nicht an. "Wir haben in unserem Innenhof ein etwas anderes Mikroklima als in der restlichen Umgebung", vernimmt man vom Bauträger Ulreich. Verantwortlich dafür sind der reichlich bepflanzte Hof und die unzähligen Blumentröge, die in allen möglichen Größen an den Laubengängen und an der Feuermauer hängen und fast schon an die Romantik des Biedermeiers anknüpfen.

Ausgezeichnetes Haus

Ein überzeugendes Konzept, schließlich wurde der Wohnbau OAG für den heurigen Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit nominiert. "Energie zu sparen und noch dazu über den Dächern Wiens zu wohnen gibt einfach ein gutes Lebensgefühl", ist sich Daneshgar sicher. Zu Letzterem ist korrigierend zu ergänzen, dass das Privileg des Wohnens in 27 Metern Höhe dennoch nur den Wenigsten vorbehalten ist.

Der Dachgeschoßausbau schaffte es, sich innerhalb der vergangenen zwei Jahrzehnte in eine wichtige berufliche Sparte des Baugewerbes zu entwickeln. Das ist nicht weiter verwunderlich, bieten doch die Häuser aus der Gründerzeit ein hohes Potenzial zum Ausbau - und damit zu Statements in Bezug auf Nachhaltigkeit und Ökologie.

Noch vor hundert Jahren war der Dachausbau nicht etabliert, weil die Brandschutzverordnung ganz einfach jegliche Nutzung der Dächer untersagte. "Heute sind die meisten Gebäude aus dieser Zeit sanierungsreif, und so entstand ein regelrechter Wettlauf um Dachböden innerhalb des dicht verbauten Stadtgebietes", erklärt Ulreich. Statt wie in den Neunzigern die Flucht in den Speckgürtel anzutreten, wollen junge, urbane Personen eher die Vorteile der Vielfältigkeit Wiens ausnützen und spitzen auf Lebensraum unter dem Dach.

Doch auch zu ebener Erde - in der Kommunikationszone, wie sie Daneshgar bezeichnet - kann man den Safran noch schmecken. Das gelbe Band gibt den beiden Büros im Erdgeschoß - in eines ist Daneshgar selbst eingezogen - ein Vordach mit Beleuchtung. Und warum Safran? Kurz hält der Architekt inne, doch sodann: "Das ist ein magisches Gewürz, es wird zum Verfeinern von Speisen genommen, dadurch bekommt alles einen gewissen Glanz." (Alexander Lass, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28./29.10.2006)