Wien - Wien hat die Gaspreise erhöht: Seit 1. Juli zahlen Kunden der Wiengas um durchschnittlich 11 Prozent mehr für Gas. Kleinabnehmer steigen bei der Tarifreform vergleichsweise schlechter aus als Großverbraucher. Gewerbekunden mit einer Gasabnahme ab 5.000 Kubikmeter pro Jahr zahlen jetzt sogar geringfügig weniger. Das soziale Abfederungssystem für Bezieher von Ausgleichszulagen bleibe aber weiter aufrecht, erklärte Karl Skyba, Generaldirektor der Wiener Stadtwerke Holding, Mutter der Wiengas, heute, Montag, bei einer Pressekonferenz. Zwei Gründe nannte Skyba für die Verteuerung: Erstens habe sich der Gaseinkaufspreis für Wiengas in den vergangenen zwölf Monaten verdoppelt. Russisches Erdgas koste frei österreichische Grenze derzeit durchschnittlich 165 Groschen je Kubikmeter, vor einem Jahr kostete es hingegen nur 80 Groschen. Rund 700 Mill. S mehr müsse Wiengas für Gas zahlen, nur 220 bis 230 Mill. S würden in der aktuellen Tarifreform weiter gegeben. Den Rest der höheren Aufwendungen für das Gas müsse Wiengas durch Rationalisierungen verdauen. Benutzung des Gasnetzes kostengerecht aufteilen Zweitens müsse Wiengas im künftig liberalisierten Gasmarkt die Benutzung des Gasnetzes kostengerecht auf die Abnehmer aufteilen, unterstrich Skyba. Bisher hätten jene Wohnungen, die als Zweitwohnsitz kaum genützt würden und daher wenig Gas verbrauchten für das Gasnetz faktisch nichts bezahlt. Diese Netznutzung werde im neuen Tarifsystem durch einen neuen fixen Grundpreis von 36 S im Monat oder 432 S im Jahr zum Teil abgedeckt. Zudem werde die Zählergebühr von bisher 10,56 S (inkl. USt.) auf 26,42 S monatlich verdoppelt. Der Preis für den tatsächlichen Gasverbrauch wird nicht erhöht, für größere Abnahmen sogar gesenkt: Bis zu einem Verbrauch von 730 Kubikmeter werden umverändert 5,97 S (inkl. USt.) verrechnet, von 731 bis 4.015 Kubikmeter 5,37 S statt 5,49 S bisher und ab 4.016 Kubikmeter 4,89 S (bisher ebenfalls 5,49 S). Zwei-Personen-Haushalt zahlen 11,14 Prozent mehr In Summe von neuem Grundpreis, Messpreis für den Zähler und Preis je verbrauchtem Kubikmeter Gas ergibt sich zum Beispiel für einen Zwei-Personen-Haushalt mit 898 Kubikmeter Gasverbrauch eine Verteuerung von 11,14 Prozent, für 1.468 Kubikmeter Verbrauch plus 6,25 Prozent und für 3.175 Kubikmeter Gasabnahme eine um 4,24 Prozent höhere Rechnung. Kleine Gewerbebetriebe ab 5.000 Kubikmeter Gasverbrauch im Jahr zahlen hingegen um zumindest 0,7 Prozent weniger. Wiengas stelle sich mit der Tarifreform auch auf die bevorstehende Liberalisierung des Gasmarktes ein, unterstrich Skyba. Ab 10. August dieses Jahres könnten Großverbraucher ab 25 Mill. Kubikmeter Gasabnahme pro Jahr ihren Lieferanten frei auswählen, voraussichtlich ab 1. Oktober 2002 seien dann alle Gaskunden frei in ihrem Einkauf. Wenn auch Wiengas keinen einzigen großen Gaskunden habe - der größte Industrieabnehmer verbrauche nur 5,5 Mill. Kubikmeter Gas im Jahr - müsse sich das Unternehmen in der Preisstruktur auf den freien Markt einstellen. Sollte ein Kunden im völlig geöffneten Gasmarkt nämlich zu einem neuen Lieferanten wechseln, müsse sicher gestellt werden, dass er dann auch für die Durchleitung durch die Pipelines der Wiengas einigermaßen kostengerecht zahle. Dafür gebe es nun den Grundpreis, so Skyba. Wiengas selbst sei im Gaseinkauf fest an langfristige Bezugsverträge gebunden. 100 Prozent seines Gaseinkaufs würden über sogenannte Take or Pay-Verträge bezogen, das Gas müsse demnach bezahlt werden, unabhängig davon, ob es tatsächlich abgenommen werde oder nicht. (APA)